Tagebuch

Hier wird einfach unsortiert auftauchen, was mir gerade einfällt. Ein bisschen besser sortiert und mit Bildern versehen werden die anderen Seiten sein. Üblicherweise erscheint natürlich der neuste Eintrag oben. Also immer auch mal weiter unten gucken.

Viel Spaß

 

 


25. Juni 2015, 11:30

New York 2

Wie bei den anderen Motorradverschiffungen steht fast ein kompletter Tag für den Vorgang an. Meine Idee zumindest zu ein paar berühmten Aussichtspunkten des „Big Apple“ zu fahren, um noch ein paar Fotos mit der Tiger zu machen fällt der vernebelten Aussicht zum Opfer. Weder der berühmte Blick von der Brooklyn Bridge zur Skyline von New York noch der Blick zur Freiheitsstatue ist möglich.
Also entscheide ich mich, zumindest zwei berühmten Rock´n´Roll Orten meine Aufwartung zu machen. Die schon im Vorfeld erwähnte Kneipe des Dictators Sängers das Manitobas ist zur Zeit nicht so interessant. Es gibt während meiner Tage in New York keine Konzerte und die Band ist gerade auf Europatour. Mit Wehmut muss ich die Berichte von Bekannten lesen, die die Band zeitgleich in meiner Heimat sehen. Ich hatte die Hofffnung, die Band in ihrer Heimat zu sehen. Während der Chef auf Tour ist, bleibt die Kneipe sogar geschlossen. Mehr als ein schneller Fotostopp macht keinen Sinn. Wenigstens steht zu meiner Freude noch eine andere Triumph vor der Tür.
Das der zweite wichtige Rock´n´Roll Ort nur für einen Kurzaufenthalt lohnt, war mir schon vor der Reise bewusst. Das CBGB´s hat schließlich schon seit ein paar Jahren geschlossen. Der Club in dem alle New Yorker Größen starteten und der als Geburtsort des Punkrocks gilt ist inzwischen ein Designer Modegeschäft. Früher gaben sich hier die Ramones, Dictators, Twisted Sisters, The Clash, Sex Pistols, Rockets from the Tumbs, Patty Smith, New York Dolls und alles was Rang und Namen hat die Klinke in die Hand. Heute findet man sie hier auf Shirts und Designerklamotten. Der Besitzer des Ladens hat zumindest so viel Respekt vor dem Ort, dass er den Charackter ein wenig beibehalten hat. Angeblich freut er sich auch über Besucher, die nur zum Gucken und Fotos machen kommen. Bei seinen Angestellten habe ich weniger den Eindruck. Sie wirken eher genervt. Ich mache ein paar Bilder und sehe mir aus Höflichkeit zumindest die Klamotten an. Der Rock´n´Roll wird tatsächlich auch bei der Kleidung ordentlich berücksichtigt. Ein paar Hemden, Shirts, Hosen und Schuhe erregen meine Aufmerksamkeit. Schon für umgerechnet 200 Euro findet man ein reduziertes T-Shirt. Nach einer Weile verlasse ich den Laden mit leeren Händen und führe meine Tiger ein letztes mal durch die Häuserschluchten von Manhattan.
Nach nur knapp 50 Kilometern erreiche ich vor den Toren der Stadt die Spedition. Außer dem Parkplatzwächter sind hier alle sehr entspannt. Nachdem der Mann drei mal das einzige Formular, das er am Tag auszufüllen hat zerreißen musste, weil er sich verschrieben hat, helfe ich ihm und kann passieren. Ich gebe Schlüssel und Tiger ab, knote meine Motorradklamotten fest auf das treue Gefährt und hoffe, dass alles so sorgfältig verladen wird, wie es die Tiger nach den gemeinsamen Monaten verdient hat. Da ich auf dem Hof und in der Halle einge echte Schätze der Motorrad- und Automobilgeschichte entdecke, bin ich guter Dinge, dass mein Mopped in zuverlässigen Händen ist. Im Büro wird noch der Papierkram erledigt. Es ist zwar mal wieder ein unschönes Gefühl, meine Zolldokumente abzugeben, schließlich hab ich dafür in Deutschland eine Menge Pfand bezahlt, aber eine andere Wahl habe ich sowieso nicht. Ein netter Mitarbeiter fährt mich noch zur Bushaltestelle, so dass ich die 90 minütige Rückreise zum Hotel antreten kann.
Nach der letzten Nacht im Zwölfbettschlafsaal, wo ich die ersten vier Nächte in New York verbracht habe, steht heute der Umzug in ein Einzelzimmer an. Das Bett im Saal war die günstgste Gelegenheit unterzukommen. Für nur 80 Euro die Nacht ohne Frühstück war das die günstigste Bleibe. Nach langem Suchen gönne ich mir en Luxus in der letzten Nacht meiner Reise alleine im Hotel zu schlafen. Für nur 195 Euro finde ich ein Zimmer direkt am Times Square. Das ist Riesenglück. Normalerweise muss man mit 300 Euro für eine Nacht in New York planen.
Ich deponiere mein Gepäck und gebe mich einfach dem Zauber des Broadway und des Times Square hin. Schon bei Tageslicht wirken die häusergroßen Leuchtreklamen und Bildschirme unglaublich. Geschätzt in jedem zweitem Gebäude ist ein Musical, ein Theater, eine Show oder ein Museum zu finden. Aus dem Reiseführer hab ich den Tip, am Morgen direkt zu den Theatern zu gehen. Dort kann man oft günstig Resttickets für den Abend ergattern. Nach dem siebten „Sold out“ oder „No show today” ändere ich meine Pläne. Ich beschließe, mir das „Ripley´s“ und natürlich das nahe gelegene „Empire Stae Building“ anzugucken.
Im Ripley´s Museum finden sich Unmengen an Kuriositäten. Alles erinnert so ein bisschen an einen Jahrmarkt aus dem vorletzten Jahrhundert. Die bärtige, Frau, der dickste Mann der Welt, zweiköpfige Schafe, der größte Mann der Welt, Schrumpfköpfe u.​Ä. ist zu sehen. Nach den vielen „vernünftigen“ Museen mit Kunst, Kultur, Natur und Wissenschaft, die ich während meiner Reise gesehen habe, eine spaßige Abwechslung.
Ohne eine Besichtigung des berühmtesten Wolkenkratzers der Welt hat man New York nicht gesehen musste ich lesen. Trotz der Warnung vor den langen Schlangen und der immer noch schlechten Sicht schlendere ich durch die Häuserschluchten. Schon von weitem fällt das deutlich größere Gebäude auf. Zwischen den „kleinen“ Häuschen von nur 60 Stockwerken fallen die 102 Etagen sofort auf. Von hier unten kann ich die Spitze in den Wolken nicht sehen. Daher kaufe ich nur ein Ticket für die Aussichtsplattform auf der 86 Ebene. Ausnahmsweise habe ich durch das schlechte Wetter einmal Glück. Die befürchtete Wartezeit von zwei Stunden fällt weg und ich kann nahezu alleine am Ticketschalter und der Sicherheitskontrole vorbei zu einem der Fahrstühle gehen. Im Expresslift, der nur alle zehn Stockwerke anhält, geht es innerhalb weniger Sekunden in die 80. Etage. Dort lässt sich in einem Museum einiges über Geschichte und Geschichten des Gebäudes erfahren. Neben den nüchternen Zahlen und Fakten darf natürlich die Bedeutung im Film nicht fehlen. Nicht nur der nette Riesenaffe King Kong ist allgegenwärtig. Weiter oben findet sich im 86. Stockwerk die Freiluftplattform, von der man trotz des wolkenverhangenem Himmels eine atemberaubende Aussicht hat. Die Aussichtsplattform im „nahen“ 102. Stockwerk ist auch von hier noch in den Wolken verschwunden. Gelegentlich kann ich durch die Wolken erkennen, welche Ausmaße die Stadt hat. Obwohl ich nicht alles sehen kann, bin ich schon schwer beeindruckt. Wie in Amerika üblich wird man am Ende der Besichtigung noch durch den Souvenirladen geführt, wo man den üblichen Müll für Geld kaufen kann.
Da es inzwischen Nacht ist, mache ich auf dem Heimweg noch einmal den Schlenker über den Times Square, um die riesigen Bildschirme und Leuchtreklamen in ihrer vollen Pracht zu sehen.
Nach der entspannten letzten Nacht im Luxuseinzelzimmer genieße ich das Frühstück und muss feststellen, dass sich New York wie zum Hohn mit Sonnenschein und blauen Himmel von mir verabschiedet. Mein Flug geht am späten Nachmittag. Daher nutze ich die Zeit noch, um zumindest für mein Patenkind noch ein paar Mitbringsel zu besorgen. Der Disneyshop am Times Square ist da mit seinen drei Etagen sehr hilfreich. Das erste mal freue ich mich, dass die Rechte an „Star Wars“ inzwischen bei dem Konzern angekommen sind und es dort reichlich Auswahl gibt.
Ansonsten genieße ich das Flair der Stadt einfach in Ruhe, setze mich gemütlich in ein Straßencafe, lese ein Buch und gucke mir das hektischeTreiben an.
Wie immer starte ich einigermaßen früh zum Flughafen, um mit etwas Glück, vielleicht noch einen besseren Sitzplatz ergattern zu können. Leider ist außer einem Platz am Gang nichts zu machen. Das sollte bei dem siebenstunden Flug aber genügen. Nach Durchsicht des Unterhaltunsprogramms ist schnell klar, wie ich mich beschäftige. Ein alter Terence Hill und Bud Spencer Western wird seit 40 Jahren bei der Lufthansa gezeigt. Gefolgt von Tarantinos „Djang unchained“ findet sich ein hervoragendes Kontrastprogramm. Die letzte Stunde wird noch mit einem weiteren Teil der Dokumentation über die aktuelle Foo Figters Platte gefüllt, die ich schon von Neuseeland nach Hawaii angefangen habe. Spannenderweise wird diesmal über die Aufnahmen in Nashville/​Tennesse berichtet. Da ich genau da noch vor knapp drei Wochen war ist das noch mal ein echt schöner Abschluss des letzten von 19 Flügen auf meiner Reise.
Nach fast zehn Monaten mit nahezu ausschließlich englischen Gesprächen ist übrigens im Flieger ein echt komisches Gefühl, dass plötzlich die meisten Menschen Deutsch reden. Da mein Sitznachbar Amerikaner ist, wird er von den Stewardessen in Englisch angesprochen. Es ist für mich dadurch doppelt seltsam zwischen den Sprachen zu wechseln. Ich bin gespannt, wie die jetzt so langsam beginnende Rückkehr in den deutschen Alltag gelingt.


03. Juni 2015, 04:29

New York 1

Die Fahrt von Washington bis New York führt über knapp 400 Kilometer durch eines der am stärksten besiedelten Gebiete der USA. Dementsprechend gibt es kaum Alternativen zu den großen Highways. Insbesondere um Baltimore und Philadelphia komme ich in dicke Staus. Trotz der Vorteile des Motorrads zieht sich die Fahrt über acht Stunden. Eine Durchschnittsgeschwindigkeit von unter 50 km/​h ist nicht gerade ein Spaß.
Noch dazu habe ich das Gefühl, ständig an irgendwelchen Mautstellen halten zu müssen. Als ich später nachrechne ergibt sich eine Gesamtgebühr von fast 40 Euro für die Wegelagerer. Da sich mein Hostel eher im Norden Manhattans in der Upper West Side nahe des Central Parks befindet, fahre ich die letzten Kilometer westlich des Hudson River an der Stadt vorbei. Der Anblick der Skyline entschädigt schon von weitem. Als mein Navi mich dann direkt hinter dem Lincoln Tunnel in die 42nd Str. leitet und dazu noch Joey Ramone auf dem i-pod von New York City singt ist der Tag gerettet. Eine angemessene Begrüßung in der Heimat der Ramones. Die Fahrt durch die atemberaubenden Häuserschluchten tut ihr übrigens, um meine Stimmung wieder aufzuhellen.
Im Hostel tut sich ein unerwartetes Problem auf. Es gibt keinen Platz, um meine Tigerlilly sicher unterzustellen. Die umliegenden Parkhäuser weigern sich, ein Motorrad zu beherbergen. Es wird irgendetwas von Versicherung gefaselt. Einer der Hostelmitarbeiter fährt selber Motorrad und gibt mir den Tipp, es auf der Straße an ein Verkehrsschild zu ketten. Es bleibt mir nichts anderes übrig. Zum ersten mal auf der Reise setze ich die mitgeschleppten Ketten und Schlösser ein. Endlich habe ich außer dem Pannenspray für platte Reifen und dem Werkzeug zum Reifenwechsel jeden mitgenommenen und auch behaltenen Ausrüstungsgegenstand eingesetzt. Dabei soll es auch bleiben. Zur Sicherheit gucke ich ab sofort mehrmals am Tag nach, ob das Motorrad noch steht. Schließlich kann ich es erst in zwei Tagen zum Verschiffen abgeben.
Natürlich kam ich im Vorfeld kaum dazu, mich auf New York vorzubereiten. Ich nutze den nächsten Tag dafür, dies nachzuholen, das DFB-Pokalfinale im Internet anzugucken, Wäsche zu waschen und meine Ausrüstung zu sortieren, um alles zwischen Motorradsachen für die Verschiffung und Sachen für den Rückflug zu trennen.
Dabei entsteht der Plan, das ich mich auf Manhattan beschränke. Schließlich gibt es hier genug zu sehen. Den kommenden Vormittag plane ich für den Central Park und den Nachmittag für eine Motorradtour durch die Stadt mit ein paar Fotos ein. Bleibt noch ein Tag für die Motorradrückgabe und das 9/​11 Memorial sowie ein Tag für die Gegend um den Times Square, wo sich die meisten Postkartenmotive befinden.
Frohen Mutes mache ich mich nach einem ausgiebigen Frühstück auf den Weg. Mit der sagenumwobenen New Yorker Subway komme ich unbeschadet zum Ziel. Immerhin kenne ich kampfsporterprobte Menschen, die genau da überfallen wurden. Daher sind meine Sinne geschärft, was aber komplett unnötig ist, solange man die unsicheren Gegenden im Dunkeln meidet.
Am Südende des Central Parks steige ich an der 72nd Street aus. Genau hier liegt das berühmte Dakota Building. Das Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Ziel viele Luxusappartments unter einem Dach zu vereinen gebaut. Dummerweise wird es gerade renoviert und ist von Baugerüsten umstellt. Die größten Appartments haben über 300 m². Überraschenderweise gab es nur für einen Film die Genehmigung im Inneren zu drehen. 1968 entstand hier „Rosemarys Baby“. Danach waren nur noch Außenaufnahmen zulässig. Bis heute lebt dort einiges an Prominenz. Eine kleine Liste zeugt von netter Nachbarschaft: Judy Garland, Leonard Bernstein, Boris Karloff, Sting und einige mehr. Berühmtester Bewohner war natürlich John Lennon, dessen Witwe Yoko Ono heute noch hier lebt. Direkt vor der Tür wurde er am 8.​12.​80 erschossen.
Genau gegenüber geht es in den Central Park. Dieser Bereich ist zu seinen Ehren Strawberry Fields genannt und als Ruhezone ausgewiesen. In einem schlichten Mosaik ist mit „Imagine“ der Titel seines wohl berühmtesten Lieds zu lesen. Einige Parkbänke sind nicht wie üblich mit Werbung des Spenders sondern mit Zitaten von Lennon ausgestattet. So ist zum Beispiel: „And our friends are all on board“ aus Yellow Submarine zu lesen. Durch die tatsächlich eingehaltene Ruhe und ein paar Musikern, die mit der Akustikgitarre einige seiner Lieder spielen ein echt besonderer Ort.
Der Park ist etwa einen Kilometer breit und 4,​5 Kilometer lang. Es ist faszinierend. Kaum 100 Meter vom Eingang entfernt ist nichts mehr von der Hektik einer der größten Städte der Welt zu spüren. Man hat tasächlich das Gefühl im Wald zu stehen. Zwischen den einzelnen Anlaufstellen im Park finden sich immer wieder Teile, die tatsächlich ohne befestigte Wege wie ein Wald wirken. Ich lasse mich einfach eine Weile treiben und spaziere durch die Gegend. Dummerweise setzt ein ziemlich heftiger Regen ein. Mit einem Blick auf den Plan stelle ich fest, dass ich in der Mitte zwischen dem Metropolitan Museum of Art und dem Guggenheim Museum stehe. In einer Regenpause verlasse ich das schützende Dickicht und gehe zum Gugenheim Museum. Das Gebäude ist architektonisch spektakulär und beherbergt eher moderne Kunst. Von den alten Künstlern habe ich in den letzten Monaten genug gesehen.
Das Guggenheim Museum beherbergt diesen berühmten spiralförmigen Aufgang in der Kuppel. Leider ist genau dieser Teil bei meinem Besuch gesperrt, weil neue Austellungen aufgebaut werden. Es scheint fast so, dass für meinen Besuch einige Gebäude renoviert werden sollten (Capitol, Dakota Building, Guggenheim Museum.​.​.​) und die Amerikaner nicht rechtzeitig fertig geworden sind. Immerhin bemühen sie sich. Das Museum kommt den Gästen entgegen. Da nur ein Drittel der Ausstellungsfläche geöffnet ist, lassen sie von den 18 Dollar Eintritt zwei nach. Immerhin kann man im unteren Bereich der Kuppel stehen und die Architektur bewundern. Im nach dem deutschen Kunsthändler Tannheimer benannten Seitentrakt kann man drei Ausstellungen sehen. Zum eine ist einiges von Picasso, Manet, van Gogh und Cezanne zu sehen zum anderen ist eine Etage dem Werk von Monir Shahroudy Farmanfarmaian gewidmet. Sie beschäftigt sich viel mit Spiegeln, Glas und Licht. In der dritten Abteilung ist eine Wechselaustellung von Schülern zu sehen.
Nach dem Museumsbesuch warte ich mit anderen Gästen eine Weile unter dem Vordach auf das Ende des Regens. In der Zwischenzeit hat sich ein findiger Verkäufer direkt davor aufgebaut und preist lauthals seine Regenschirme an. Nach knapp 30 Minuten lässt der Regen deutlich nach bzw. hört sogar fast auf. Da ich über der Gegend in der mein Hostel liegt einen helleren Himmel sehen kann, begebe ich mich auf den knapp drei Kilometer langen Spaziergang.
Nach fünf Minuten stelle ich fest, dass auch aus hellen Regenwolken unglaubliche Wassermassen strömen könne. Es dauert geschätzt eine Minute, bis ich komplett durchnässt bin. Inzwischen befinde ich mich auf dem Rundweg um das Jacqueline Kennedy Onassis Reservoir. Um den als Wasservorrat geplanten See führt eine beliebte ca. drei Kilometer lange Laufstrecke. Bei dem Wetter bin ich allerdings eher alleine.
Hier drehte übrigens Dustin Hoffmann als Marathonmann seine Runden. Distanz und Tempo differieren bei mir ein wenig, ansonsten sieht aber alles genauso aus.
Da der Regen eher einer der warmen Sorte ist habe ich Spaß und komme schwer tropfend nach gut einer halben Stunde im Hostel an. Gott sei dank hatte ich während des Sturms keine Panik und einer der Angestellten reicht mir ein Handtuch. Ich dusche, wasche die nasse Kleidung und hoffe, dass die komplett durchweichten Wanderstiefel bis zum Rückflug in drei Tagen trocken sind.
Noch ein bisschen Kochen, Internetsurfen und Homepage aktuallisieren und der Tag geht zu Ende.
Nur der Vollständigkeit halber. Die Motorradtour mit Fotostopps habe ich natürlich nur wegen der schlechten Sicht verschoben.

Redakteur

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01. Juni 2015, 06:09

Washington DC

Kurz vor Washington beginnt auf dem Highway der Groß- bzw. Hauptstadtstress. Auf der dreispurigen Straße staut sich die Blechlawine. Ich nutze die Vorteile eines Motorrads, welches zusätzlich noch ein fremdes Nummernschild hat. Standstreifen, Aus- und Einfahrten sowei Lücken zwischen den Autos werden genutzt, um voranzukommen. Das klappt ganz gut und anders als in Deutschland findet sich kein Auto mit einem selbsternannten Sheriff, dass mal schnell die Lücke zufährt.
Nach meiner Ankunft im Hostel, schnappe ich mir den Reiseführer und plane den leider einzigen Tag in der Hauptstadt. Auf der Homepage vom White House und dem Capitol finde ich schnell heraus, dass ich keine Chance habe, die beiden berühmten Gebäude von innen zu sehen. Beim Capitol ist die nächste freie Tour in fünf Monaten. Noch aufwendiger ist es beim Weißen Haus. Als Nichtamerikaner muss man sich bei der heimischen Botschaft anmelden. Dort wird dann die Person inklusive Führungszeugnis überprüft. Ein Prozess, der gerne mal ein paar Monate dauert.
Da es aber reihenweise andere Attraktionen zu sehen gibt, ist das nicht schlimm. Rund um die National Mall befindet sich fast alles, was man bei einem Kurztrip sehen will. Der Platz, auf dem einiges an Geschichte passiert ist, ist im Grunde genommen eine große lange Wiese. Zwischen dem Capitol an einem und dem Lincoln Memorial am anderen Ende sind es ca. drei Kilometer. Dazwischen befinden sich einige der berühmtesten Museen der Welt, Gedenkstätten, Denkmäler und Regierungsgebäude.
Ich parke mein Motorrad unweit des Capitols neben dem Justizminsterium. Vorsichtshalber frage ich einen grimmig guckenden Polizisten, ob meine Tiger mit dem fremden Kennzeichen nicht als potenzielle Gefahr gesehen und abgeschleppt wird. Er scheint zufrieden mit meiner Parkplatzwahl.
Leider finden an der Kuppel des berühmten Capitols gerade Renovierungsarbeiten statt, so dass ich kein Bild vom unverpackten Regierungssitz machen kann. Ich beschließe, auf der einen Seite der National Mall bis zum Lincoln Memorial zu gehen und auf der anderen Seite zurück, um zwischendurch das ein oder andere Museeum oder Monument anzusehen.
Gleich zu Beginn liegen die beiden Gebäude, in denen die National Art Gallery untergebracht ist. In einem verschlungenem Labyrinth aus ca. 100 kleinen und mittelgroßen Räumen finden sich Werke von Matisse, Picasso, da Vinci, Rembrandt, Rubens, Pollock, Whistler (nicht seine Mutter), Hals und unzähligen Künstlern, die mir nichts sagen. Die beiden riesigen Hallen und die Kuppel im Zentrum beeindrucken schon ohne die Ausstellungsstücke. Den Kunstwerken wird in den Räumen viel Platz gelassen, so dass sie richtig wirken können. Obwohl ich nur einen Schnelldurchlauf mache, halte ich mich hier fast 90 Minuten auf.
Das Smithsonian Museum ist gleich 19 mal vertreten. Es gibt das Naturkundmuseum, die Indian Art Gallery, das Castle, das Museum of African Art, das Holocaust Memorial, das National Museum of American History und noch ein paar mehr. Wie zu erwarten, ist an einem Tag nicht alles zu sehen. Ich entscheide mich dafür, nur noch das National Air & Space Museum anzugucken. Sowohl im Reiseführer als auch von anderen Reisenden wird das empfohlen. Der Mittelteil des gut sieben Kilometer langen Spaziergangs wird von den Monumenten bestimmt. Zunächst ist mit dem Washington Monument der 170 Meter hohe berühmte Obelisk zu sehen. Wer möchte, kann sich in die lange Schlange stellen, um den Riesen von Innen zu sehen.
Ich gehe entlang des World War 2 Memorials und des Reflection Pools zum riesigen Lincoln Memorial. Hier sitzt hinter Säulen die übergroße Marmotstatue von Abrahem Lincoln. Auf der Treppe davor hielt Martin Luther King Jr. Seine berühmte „I have a dream“ Rede. Auf der anderen Seite gelangt man zum Monument für den Freiheitskämpfer, nicht ohne die Gedenkstätte für die Veteranen des Koreakriegs zu passieren. Knapp 20 Soldatenstatuen stehen etwas orientierungslos und unsortiert auf einem Platz. Wahrscheinlich soll die Überforderung und Hilflosigkeit der Soldaten beim Stellungskrieg im Dschungel dargestellt werden.
Am Martin Luther King Jr. Memorial ist bemerkenswert, dass es nur vier Gedenkstätten für einzelne Personen gibt (Jefferson, Lincoln, Roosevelt und King). Der Friedenskämpfer wird als einziger Nichtpräsident geehrt, was seinen Einfluß noch einmal unterstreicht.
Um einen See führt der Weg zum Roosevelt und Jefferson Memorial. Das großflächige Roosevelt Memorial erinnert hauptsächlich an die Rolle des Präsidenten in der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg. Im von einem Säulengebäude umrahmten Jefferson Memorial wird vor allen Dingen auf das Wirken des Präsidenten um die Wissenschaft hingewiesen.
Nach sechs Kilometern erreichen ich mit lahmen Füßen das National Air & Space Museum. Im überfülten und beliebten Museum wird typisch amerikanisch auf die „Heldentaten“ der Flieger in den verschiedenen Kriege hingewiesen. Die kritiklose Verehrung geht mir auch hier wieder gehörig auf die Nerven. Interessant ist, es die Spirit of St. Louis zu sehen, mit der es Charles Lindbergh 1927 als Erstem gelang, den Atlantik ohne Zwischenstop zu überfliegen. Ergänzt wird alles von Exponaten über die bemannte Raumfahrt ähnlich, wie in Houston.
Nach sechs Stunden und gut sieben Kilometern plus der Wege in den Museen komme ich wieder an der Tiger an und begebe mich auf die Strecke zum nächsten Ziel. Auf dem Heimweg will ich zumindest noch ein Foto vom Weißen Haus machen. Dummerweise ist der Bereich großräumig abgesperrt und ich müsste noch ein gutes Stück für ein Foto laufen. Dafür bin ich zu faul und müde. Ich fahre zurück ins Hostel, um mich auf den vermutlich letzten Motorradtag außerhalb Europas in diesem Jahr vorzubereiten.

Redakteur

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30. Mai 2015, 06:22

Blue Ridge Parkway

Am nächsten Morgen mache ich mich für meine Verhältnisse früh auf den Weg. Schon um zehn Uhr ist das Frühstück beendet, das Motorrad gepackt und das Bett abgezogen.
Nach den langen Tagen auf den geraden Highways ist die Strecke bis Lynchburg eine echte Wohltat. Einmal aus dem Großstadtgetümmel von Nashville geflohen, präsentiert sich Südosttennesse fast so schön, grün und hügelig wie meine nordhessische Heimat. Mit dem Wissen, dass es nur noch grob zwei Wochen sind, bis die Reise beendet ist, schon ein komisches Gefühl.
Das Städtchen Lynchburg ist tatsächlich, wie in der Werbung beschrieben. Ein kleiner Ort, an dem die Zeit stehengeblieben ist. Die Jack Daniels Destillerie ist in einem kleinen Gebäude am Ortsrand untergebracht und scheint zu arbeiten wie vor Jahrzehnten. Die großen Fabrikgebäude am Horizont lassen in mir allerdings eine andere Vermutung aufkommen.
Bei dem übervollen Parkplatz fällt mir mit Schrecken ein, dass wir Samstag haben. Bergeweise Wochenendausflüge führen zu diesem Ort. Im Museum muss ich erfahren, dass man auf die nächste Tour gut zwei Stunden warten muss. Da ich mich nicht wirklich für Bourbon Whisky interessiere, schenke ich mir die Wartezeit und ändere meinen Plan. Mit dem Blick auf die Landkarte beschließe ich einfach bis zum Motel in Chattanooga ein bisschen über kleine Straßen duch die schöne Gegend zu fahren. Das Cruisen ist herrlich und lässt mein Motorradfahrerherz höher schlagen.
Vom Hostel sind es am nächsten Tag noch knapp 200 Kilometer bis Cherokee in South Carolina. Dort startet am Südrand des Great Smoky Mountains Nationalpark der Blue Ridge Parkway. Mit der Verlängerung im Norden, dem Skylinedrive durch den Shenandoha Nationalpark führt die Strecke über traumhafte Bergstraßen durch die Appalachen. Wie in Australien werde ich zum Abschluss von dem Land mit einem echtem fahrerischen und landschaftlichen Highlight verwöhnt und verabschiedet.
Die Strecke und die Nationalparks wurden in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts nach Anweisung von Franklin D. Roosevelt als Ostküsten Pendant zu den berühmten Parks Kaliforniens angelegt.
Alles sieht tatsächlich ein wenig aus, wie eine Mischung aus dem Yosemitenationalpark in Kalifornien und den Blue Mountains bei Sydney. Erfahrene Reisende können sich so ein Bild machen. Damit ausnahmsweise auch mal die Cineasten unter den Lesern zu ihrem Recht kommen, ein kleiner filmischer Hinweis. Hier wurden Teile des Harrison Ford Films gedreht, in dem er Dr. Richard Kimble „Auf der Flucht“ darstellt. Gemeint sind natürlich die spektakulären Bilder, bei den Verfolgungsjagden durch die Berge und Wälder. Auch das bereits früher erwähnte „Blair Witch Project“ wurde in disen Wäldern gedreht.
Auf der gesamten Strecke von 900 Kilometern fahre ich im Regelfall gemütliche 80 bis 90 km/​h. Es ist ein richtig entspanntes cruisen. Natürlich ist das den Amis zu heikel und auf der Strecke sind durchgängig Begrenzungen zwischen 50 und 70 km/​h zu finden. Bei dem Tempo würde ich in den Kurven vermutlich umfallen oder zumindest Probleme mit dem Gleichgewicht kriegen. Überraschenderweise hält sich hier jeder an die Einschränkungen. Selbst die Jungs auf den Rennmotorrädern sitzen in ihrer gebeugten Tempohaltung auf ihren Kisten und kommen nicht voran.
Geschätzt alle zwei Kilometer findet sich ein Aussichtspunkt, von dem man die Landschaft genießen kann. Zumindest für den letzten Teil der Strecke wird am Ende meine Schätzung bestätigt. Auf dem Skylinedrive sind die Aussichtspunkte nummeriert. Bei 150 Kilometern sind es 75 Haltepunkte, die ausnahmlos spektakuläre Blicke bieten. Da ich einfach nur fahren und Spaß haben will, halte ich nur gelegentlich an.
Ich biege während der vier Tage auf der Strecke nur vom Weg ab, um zu tanken oder einzukaufen. Hätte ich daran keinen Bedarf, würde diese Strecke komplett an jeder Siedlung vorbei ausschließlich durch die Natur gehen. Ein Traum.
Auch die Campingplätze sind der Hit. Endlich finde ich das, was Neuseeland für mich so einmalig gemacht hat. Einsame, rustikale Plätze an wunderschönen Orten. Ich genieße die Natur, mache jeden Abend ein gemütliches Lagerfeuer, lasse Morgens Rührei mit Speck auf dem Gaskocher bruzzeln und lebe einfach komplett entschleunigt in den Tag hinein. Da es in den Nationalparks, die ich gerade durchfahre Unmengen an kurzen und längeren Wanderwegen, Naturschauspielen und Möglichkeiten zur Tierbeobachtung kombiniert mit der schönen Motorradstrecke gibt, findet sich hier unerwartet eine Gegend, die noch einmal ausführlich besucht werden will. Wie immer sind Mitreisende willkommen.
Einzig die Tatsache, dass auf der kompletten Strecke Schwarzbären zu finden sind trübt den Spaß ein wenig. Nachts alleine im Zelt zu liegen und das Essen in einer bärensicheren Metalbox unweit des Schlafplatzes einzuschließen beschäftigt einen schon ein wenig. Aber weder mir noch einem der anderen Camper passiert etwas. So bleibt der Teil der Strecke in wunderbarer Erinnerung.
Nach vier Tagen, die den USA Aufenthalt mächtig aufgewertet haben, komme ich in Washington DC an und treffe auf eine komplett andere Welt. Mal wieder unglaublich, wie sich nach nur knapp 100 Kilometern, die zwischen dem Nationalpark und der Hauptstadt liegen, alles ändern kann.

Redakteur

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29. Mai 2015, 06:01

Nashville 2

Am nächsten Tag steht ein Ölwechsel bei der Tiger an. Per Zufall entdecke ich einen Triumphhändler in dem ehemaligen Heimatort von Johnny Cash. Ich war mir vorher nicht sicher, ob es Sinn macht, eine Ruine am See und den Friedhof zu besuchen. Ich nehme den Ort der Werkstatt als Zeichen und gucke mir mit frischen Öl von der Straße aus das riesige Seegrundstück mit den Resten der Villa an. Das Grab ist eines von vielen auf dem örtlichen Friedhof und fällt nur dadurch auf, dass es ein bisschen größer ist. Alles ist wesentlich unspektakulärer als bei Elvis. Das liegt vermutlich daran, dass der Mann schlicht und einfach ein eher erfülltes Leben hatte und in einem angemessenem Alter verstorben ist.
Zurück in Nashville steht am Nachmittag noch der Besuch der Country Hall of Fame an. In einem riesigen Gebäude wird über drei Etagen die Geschichte und die Persönlichkeiten der Countrymusik gezeigt. Aktuell gibt es eine Sonderausstellung über die Zusammenarbeit von Johnny Cash und Bob Dylan, die mich natürlich noch einmal Besonders anlockt.
Leider muss ich in dem Museum feststellen, dass ich fast keinen der Musiker kenne, die in Amerika hochverehrt werden. Ich gucke mir alles in Ruhe an, bin aber nicht so gefesselt, wie ich es erwartet hatte. Anders ist es bei der Sonderausstellung. Als der junge Bob Dylan Ende der 60er Jahre in der Show des schon etablierten Johnny Cash aufrat, war einer dieser magischen Momente in der Musikgeschichte geschehen. Beide Musiker schätzten sich sehr, haben aber keine offizielle Zusammenarbeit veröffentlicht. Es existieren lediglich ein paar Studiomitschnitte einer Session auf Bootlegniveau.
Sehr spannend ist es auch die verschiedenen Verknüpfungen verschiedener Musiker untereinander mit hunderten von Hörbeispielen zu entdecken. Unglaublich, wer da alles mit wem Platten aufgenommen hat. Hier kenne ich auch wieder deulich mehr Künstler, die dem erweitertem Countrybegriff zugeordnet werden. Mit Neil Young, Tom Petty und Bob Dylan seien nur die bekanntesten genannt.
Ein bisschen schade finde ich, dass die von mir geliebte Verknüpfung von Punk und Country überhaupt keine Beachtung findet. Ein paar Infos über Social Distortion, Volbeat, die Cramps, D.​A.​D.​, Wall of Voodoo und all die anderen hätte ich mir gewünscht.
Insgesamt ein gutes Museum, dass mich aber nur in Teilen begeistert hat.
Abends studiere ich die Landkarte und die Reiseführer um die restlichen Tage bis Washington zu organisieren. Ich beschließe, den Plan, noch einmal ans Meer zu fahren zu canceln. Das wäre zwar möglich, würe aber in Streß ausarten. Für die restlichen Tage nehme ich mir mit dem Blue Ridge Parkway eine gut 900 Kilometer lange Panoramastraße entlang der Apalachen vor. Mit Anfahrt und Restweg nach Washington sind das immerhin noch fast 1600 Kilometer in fünf Tagen. Das sollte an schöner Motorradstrecke zum Abschluss der Reise genügen.
Auf dem Weg dahin liegt noch der ideale Abschluss der Rock´n´Roll Tage in Memphis und Nashville. In Lynchburg/​Tennesse ca. 150 Kilometer südlich von Nashville wird das Rock´n´Roll Getränk schlechthin destilliert. Im Niemandsland ist die Jack Daniels Destillerie zu finden.

Redakteur

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29. Mai 2015, 04:40

Nashville 1

Nach der Regenfahrt, steht der nächste Morgen erst einmal komplett im Zeichen der Ausrüstungspflege. Alles was sich in meinen beiden Rucksäcken befindet ist durchnässt. Glücklicherweise hab ich so gepackt, dass sich nichts darin befindet, was durch Wasser Schaden nehmen kann. Die Lebensmittel in dem einen Rucksack habe ich immer zusätzlich mit Plastitüten geschützt und die Kleidung muss einfach gewaschen werden. Also alles halb so wild und nur etwas Zeitaufwand.
Während die Waschmaschine zuverlässig ihren Dienst tut, kaufe ich für die nächsten Tage ein. Endlich mal wieder ein paar Tage mit einer vernünftigen Küche. Ich decke mich mit Reis, Hähnchenfilets, Kokosmilch und verschiedenen Gemüsesorten für eine Dreitagesportion asiaartigem Essen ein.
Den Nachmittag nutze ich für ein lange im Vorfeld geplantes persönliches Highlight. Bis zum Johnny Cash Museum ist es ein Spaziergang von ca. zwei Kilometern. Wesentlich unspektakulärer und sachlicher als Graceland lässt sich hier alles wichtige über den großartigen Künstler erfahren. Die trockene Aufzählung von Fakten und Zahlen, die man am Ende der Ausstellung lesen kann hilft ein wenig, das Lebenswerk zu begreifen. Er gehört zu den wenigen Künstlern, die mehr als 100 Millionen Tonträger verkauft haben. Mit den Rolling Stones und den Beach Boys ist er der einzige Künstler, der 48 Songs in den Top 100 der Billboard Charts platzieren konnte. Damit lässt er solche Kleinigkeiten wie Michael Jackson, David Bowie, Billy Joel, Elton John, Madonna, Lionel Richie und viele mehr deutlich hinter sich verblassen. Er ist der einzige Künstler, der in die vier wichtigsten Halls of Fame (Rock´n´Roll, Songwriter, Country und Gospel) geehrt wurde. Er ist der einzige Künstler, der in sechs Jahrzehnten Top 10 Hits hatte. Neben vielen Nominierungen hat er 17 Grammys erhalten.
Im Museum ist natürlich seine Jugend und seine Militärzeit in Deutschland Thema. Erst beim Militär erhielt er seinen Namen Johnny. Seine Eltern tauften ihn einfach J.​R.​! Initialen waren dem Militär aber nicht genug.
Seine Musik kann man nach Dekaden geordnet mit einigen Beispielen hören. Natürlich werden seine berühmten Gefängnisauftritte gewürdigt. Auch seine Film- und Fernsehausflüge werden ausführlich beleuchtet. Selbstredend sind die Auszeichnungen und einige Bühnenoutfits sowie Instrumente zu sehen. Der ursprüngliche Platz des Museums war unweit seiner Villa am See in der Nähe von Nashville. Leider hat einer der Bee Gees Brüder das Haus gekauft und es ist bei den Renovierugsarbeiten abgebrannt. Einige der geretteten Reste sind hier noch zu sehen. Seitdem steht das Grundstück mit der Ruine leer. Vielleicht ist es auch richtig, dass dieser besondere Platz der Musikgeschichte nicht von anderen falsch genutzt wird. Die sensationellen letzten vier Alben, die zu Lebzeiten erschienen und ihn endgültig unsterblich machten finden zu Recht einen gesonderten Platz. Den emotionalen Höhepunkt bildet natürlich das „Hurt“ Video, welches Cash zum letzten Mal mit seiner Frau June Carter zeigt. Sie verstarb im Mai 2003 nur wenige Monate nach den Aufnahmen. Cash folgte ihr im September.
Auf dem Heimweg schlendere ich noch durch die benachbarte Kneipenstraße. Ähnlich wie in New Orleans und Memphis ist hier auch am Nachmittag schon jede Menge los. Aus den meisten Bars ist Livemusik zu hören. Ich suche mir mal wieder eine der Theken aus und verarbeite das Gesehene bei den Klängen des Banjo von der Bühne.

Redakteur

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28. Mai 2015, 17:16

Memphis 3

Zurück auf dem Campingplatz, beschäftige ich mich ein wenig mit der Fahrt nach Nashville. Über die einschlägigen Wetterinformationsdienste erfahre ich von einer Schlechtwetterfront, die am nächsten Tag genau auf dem Weg liegt. Den ersten knapp zweistündigen Sturm kann ich unter einem großen Dach auf dem Campingplatz verbringen. Mit einer Kombination aus schnell ins trockene geschleppter Ausrüstung packen und Frühstück kann ich den Teil locker überstehen.
Die erste Regenpause kann ich nutzen, um ins Civil Rights Museum in die Stadt zu fahren. Da eine Schlechtwetterfront gefolgt von einer zweiten Richtung Nashville zieht, hoffe ich, danach immer zwischen den Sturmgebieten zu fahren.
Das Museum ist in dem Lorraine Motel untergebracht, auf dessen Balkon Martin Luther King am 4.​4.​68 erschossen wurde. Auch das gegenüberliegende Motel, aus dem die Schüsse fielen, ist Teil des Museums. Daher ist der komplette Straßenzug für den Verkehr gesperrt und zu einer Gedenkstätte umgebaut worden.
Über die Sklavenzeit im 17. Jahrhundert über das Schaffen Kings für die Rechte der Schwarzen in Amerika wird geschickt die Brücke zu Menschenrechten und zur Gleichberechtigung in der aktuellen Politik geschlagen.
Es wird ausführlich an die berühmten Aktionen in den 50er Jahren erinnert. Hier sei nur der Busstreik von Montgomery und die Rolle von Rosa Parker genannt. Natürlich finden auch die „I have a dream“ Rede Kings zu Füßen des Lincoln Memorial in Washington, die Sitzstreiks, die Freiheitsfahrten und der Bloody Sunday ausführlich Beachtung.
Mit ein bisschen Zeitdruck und der Sorge eine Fahrt durch den Sturm vor mir zu haben, kann ich mich leider nicht lang genug mit den vielen Ausstellungsstücken befassen und mache mich auf den Weg Richtung Nashville.
Wie befürchtet ist es eine Fahrt, die vom Wetter bestimt ist. Vor mir zieht ein Sturmtief Richtung Nashville. Leider bin ich deutlich schneller als die Wolken und komme immer wieder in den Regen. Trotz eingelegter Pausen, gibt es keine Chance, nicht durch den Regen zu fahren. Ca. 100 Kilometer vor dem Ziel hab ich die Hoffnung, dass es vor mir etwas aufhellt. Das ist ein Irrtum. Den Rest der Fahrt verbringe ich mit 60 km/​h, Sicht von 15 – 30 Metern und komplett durchnässt zwischen den aufgeschleuderten Wassermassen, die mir die überholenden Trucks entgegenwerfen.

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28. Mai 2015, 05:29

Memphis 2

Mein Plan, die Sun Studios und das Civil Right Museum, die eng beieinander liegen, an einem Tag zu besuchen, wird durch die Öffnungszeiten massiv beeinträchtigt. Es ist Dienstag und da hat das Museum geschlossen. Also wird der Plan geändert. Ich will mir heute die Studios angucken und das Museum am Abreisetag besichtigen. So kann ich nach der Studiotour noch ein bisschen durch die bekannte Kneipenmeile in der Bealestreet schlendern.
Zum Einstieg geht es zu dem historischen Platz, an dem nicht nur Elvis und Johnny Cash entdeckt wurden. Schon etwas früher, in den Anfängen der 50er Jahre machte sich Sam Phillips in den Studios und dem dazugehörigen Radiosender als Einzelkämpfer daran, die junge Musikrichtung kräftig zu fördern bzw. überhaupt erst der Welt zugänglich zu machen.
Schon vor dem Siegeszug, der Mitte der 50er einsetzte geschah hier einiges. Mit Joe Hill Louis hatte Phillips z.​B. einen Musiker unter Vertrag der mit einer Mischung aus afrikanischen Rhythmen und der typischen weißen Gittarre als erstes den Offbeat spielte, der später die Grundlage für Reggae wurde. Auch nach den weltbekannten Entdeckungen bezeichnete Phillips den aus dieser Zeit stammenden Howlin Wolf als den besten Künstler, den er je gesehen hat.
Phillips gab jungen Künstlern die Chance, bekannt zu werden, indem er ihnen für wenig Geld die Möglichkeit gab, die Studios zu nutzen. Mit seinem eigenen einfachen Plattenpresswerk, dass die Größe einer besseren Stereoanlage hatte, konnten dann je nach Finanzlage eine oder mehrere Kopien hergestellt werden.
Elvis wusste das und wollte in seiner Heimatstadt die Chance nutzen, bei dem berühmten Produzenten vorstellig zu werden. Er nahm ein Geburtstagslied für seine Mutter auf. Leider war der Chef am Tag der Aufnahme überhaupt nicht im Haus und seine Sekretärin übernahm die Technik. So ging der junge Elvis unentdeckt mit einem netten Geburtstagsgruß nach Hause.
Erst ein halbes Jahr später ergab sich die nächste Gelegenheit. Eine lokale Band suchte einen Sänger. Elvis stellte sich vor, aber so recht wollten die Beteiligten nicht zusammen passen. In einer Pause der zweitägigen fruchtlosen Session schnappte sich Elvis eine Gitarre, improvisierte spontan zu einem alten Bluessong den Text zu „That´s all right Mama“. Phillips erkannte das Potenzial, schnitt den Song mit und ließ die unglaublichen 113 Sekunden auf Single pressen. Noch in der gleichen Nacht spielte ein befreundeter Radio-DJ den Song gleich 15 mal in Folge. Der Rest ist Geschichte.
Ähnlich erging es Johnny Cash. Der tiefgläubige Sänger wollte mit Gospelsongs bekannt werden. Für Phillips hatte das nicht genug Energie. Er wollte Songs mit mehr Persönlichkeit des Sängers haben. Auch hier sorgte eine spontane Jamsession für den Kick. Cash improvisierte ungeprobt den während seiner Militärzeit in Deutschland geschriebenen Song „Folsom Prison Blues“. Auch hier ist der Rest Geschichte.
Der Guide erzählt weitere unglaubliche Geschichten aus den Zeit als der Rock n Roll in den Kinderschuhen steckte. Der erst kürzlich verstorbene BB King machte hier in der gleichen Zeit seine ersten musikalischen Gehversuche. Ein unbekannter Nachwuchssänger namens Roy Orbinson konnte sich kein Zimmer leisten und schlief während der Aufnahmen direkt auf dem Studioboden. Der unbekannte Ike Turner spielte 1951 auf dem Klavier die Begleitung für den ersten Rock n Roll Song überhaupt. Damit ging „Rocket 88“ von Jackie Brenston in die Geschichte ein. Wir kriegen noch eine Menge vergleichbarer Stories zu hören.
Eine der ganz großen sind die Aufnahmen des Million Dollar Quartetts vom 4. Dezember 1956. Johnny Cash, Carl Perkins und ein unbekannter talentierter Klavierspieler namens Jerry Lee Lewis probten zusammen. Elvis, der da schon bei einem anderen Label unter Vertrag war, kam zufällig vorbei. Phillips schnitt die vierstündige Session heimlich mit, hielt sie aber jahrzehntelang aus rechtlichen Gründen unter Verschluss.
In den späten 60er Jahren musste das Studio geschlossen werden. Der kleine Betrieb war mit seinen ausschließlich gepressten Singles der großen Konkurrenz nicht mehr gewachsen. Mitte der 80er Jahre wurde bei Renovierungsarbeiten entdeckt, dass die Originaleinrichtung unter den inzwischen entstandenen Wänden noch perfekt erhalten war. Das Museum wurde eingerichtet und das Studio wieder in Betrieb genommen. Viele Künstler versuchen seitdem, den Geist von damals in ihrem Aufnahmen leben zu lassen. So recht gelingt das aber kaum jemanden. Erfolg lässt sich nun mal nicht planen. Es muss alles zusammenpassen. Wer möchte kann die Studios bis heute über Nacht mieten und dort aufnehmen.
Mit den Berichten während der Führung und dem Wissen, was hier alles passiert ist, reicht es allerdings völlig aus, um einem Musikfan wie mir eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen.
Am Nachmittag schlendere ich noch durch die Beale Street. Auf den knapp 300 Metern Kneipenstraße findet sich eine Bar nach der anderen. Auch am Tag hört man überall Livemusik aus den offenen Türen. Ich suche mir eine nette Theke aus, verharre dort eine Weile und begebe mich dann zurück zum Campingplatz.

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23. Mai 2015, 02:32

Memphis 1

Selbstverständlich stand ein Besuch Heimat des King of Rock n Roll so ziemlich als erstes auf meiner Route durch die USA fest. Die legendären Sun Studios in denen Elvis, Johnny Cash, Jerry Lee Lewis, Carl Perkins, Roy Orbinson, Howlin Wolf, BB King und all die anderen ihre Karriere starteten gehören natürlich auch dazu. Erst später hab ich gelesen, dass Martin Luther King Jr. hier erschossen wurde und zu seinen Ehren am Ort seiner Ermordung das Museum of Civil Rights steht. Es stehen also drei dicke Programmpunkte in der Stadt an.
Musikalisch hab ich mich selbstredend bereits seit meiner Abfahrt aus New Orleans vorbereitet und werde das wohl auch noch eine Weile beibehalten. Auf dem i-pod liefen während der Fahrt ausschließlich beide Arten von Musik. Elvis Presley und Johnny Cash.
Für den ersten Tag hab bereits im Vorfeld die Tour durch Graceland gebucht. Also schlendere ich am Morgen über den Parkplatz zur Ticketausgabe. Am Schalter steht eine riesige Schlange. Wer vorgebucht hat, kann fröhlich grüßend nach vorne gehen und sein Ticket sofort abholen. Bis zum Start bleibt noch eine gute halbe Stunde. Daher beschäftige ich mich so lange in einem der unzähligen Merchandising Shops. Es gibt wirklich alles mit einem Aufdruck vom King oder Graceland. T-Shirts, Jacken, Tassen, Gläser, Postkarten, Puppen, Hemden, Kochschürzen, Bücher, Modelautos, Aufkleber, Kochrezepte usw. Unglaublich finde ich die den Originalen nachempfundenen Kostüme seiner Auftritte in den 70er Jahren. Für 1000 bis 2500 Dollar kann man in einem der Glitzeranzüge durch die Welt wandeln.
Die Tour wird von einem interaktiven, sehr ausführlichen Guide auf einem i-pad begleitet. Man muss mit einem Bus auf die andere Straßenseite fahren, um den geschwungenen Weg zum Eingang der Villa zu fahren. Nach sagenhaften 300 Metern endet die Fahrt und man steht an der Tür zum Wohnhaus des Kings.
Im Alter von 22 Jahren hat Elvis das Gebäude für damals unglaubliche 100.​00 Dollar gekauft und es nach und nach zu einem pompösen Anwesen umgerüstet.
Im Foyer hat man direkte Sicht auf das Musik- und Empfangszimmer. Alles besteht aus Sonderanfertigungen, die wie aus einem edlen 70er Jahre Einrichtungshaus wirken. Jedes Fenster, jede Tür, jeder Stuhl ist für den King speziell hergestellt worden. Im gegenüberliegenden Speisesaal treffen sich noch heute die Verwandten zum Dinner, wenn sie in der Stadt sind. Der Keller ist mit einem Elektronikraum und einem Billardzimmer ein reines Vergnügungs- und Spaßzentrum mit dem besten an Technik, was die damalige Zeit hergegeben hat. Hier sind z.​B. drei Fernseher nebeneinander angebracht. Elvis hat gehört, dass der Präsident der USA die drei Hauptnachrichtensender zeitgleich guckt und wollte das nachahmen. Die sorgfältig gefalteten Stoffbahnen an der Decke und den Wänden des Billardzimmers haben vier Dekorateure zehn Tage lang beschäftigt.
Im Dschungelzimmer ist über die Fläche einer Wand ein künstlicher Wasserfall installiert, damit die Atmosphäre stimmt. Durch die Vorhänge, die Felle und die Deko ist in diesem Zimmer eine besondere Akkustik entstanden. Deshalb wurden hier die letzten Alben aufgenommen. Leider ist den Besuchern der Weg in das Obergeschoss nicht erlaubt. Hier hat Elvis schon zu Lebzeiten keine Besucher zugelassen. Seine Erben wollen aus Respekt, dass es so bleibt.
Auf dem Anwesen steht eine Scheune für die Pferde im Untergeschoss und Platz für eine Sporthalle darüber, die natürlich eine Bar und ein Musikzimmer angrenzend hat. Selbstredend war im „Garten“ genug Platz für Ausritte. Eines der Gästehäuser ist zur Hall of Gold umgebaut. Hier sind alle Auszeichnungen, einige Kostüme und jede Menge Geschichten zu entdecken.
Die Sporthalle in der Scheune ist inzwischen zum zweiten Tophäenraum umgebaut. Bei der Besichtigung erfährt man, dass Elvis im dazugehörigen Musikzimmer seine letzte Jamsession mit ein paar Freunden abgehalten hat. Anschliessend wollte er sich im Haupthaus für eine Konzertreise vorbereiten und starb an Herzversagen in einem der Badezimmer im Obergeschoss.
Mit dieser Info wird man zum Grab neben dem Pool geleitet, wo er zwischen seinen Eltern liegt. Man kann die Tränen nur unterdrücken, wenn man sicher weiß, dass Elvis immer noch lebt.
Anschließend fährt der Bus um das Haus, wo das Elvisarchiv zu besichtigen ist. Neben unzähligen Postern, Eintrittskarten, Wimpeln und anderen Erinnerungen wird in einem Kinosaal ein 20 minütiger Film gezeigt, der das musikalische Schaffen über die Jahre würdigt.
Danach geht es mit dem Bus wieder in den größtenteils öffentlich zugänglichen Bereich auf der anderen Straßenseite. In dem beeindruckenden Elvis Automuseum ist ein Teil der Fahrzeuge des Kings zu sehen. Rolls Royce, Cadillac, Mercedes, Ferrari und Harley Davidson Produkte tummeln sich in Einzelstücken und Sonderanfertigungen. Weiterhin sind noch kleinere Sonderausstellungen zu seiner Kindheit und den Hawaiikonzerten zu sehen. Die vermeintlich verkauften Privatflugzeuge lassen sich auch wie eh und je besichtigen. Neben einer technischen Ausstattung, die dem Präsidentenflugzeug gleich kommt, sind zusätzlich noch Rock n Roll Spielereien wie goldene Wasserhähne und Gurte sowie eine Bar und Unterhaltungselektronik zu sehen. Elvis nutzte die beiden Flieger gerne und auch spontan. Eines Tages ist ihm beim Frühstück aufgefallen, dass seine Tochter in ihrem Leben noch keinen Schnee gesehen hat. Eine halbe Stunde später ist das nach der Tochter benannte Flugzeug in die Rocky Mountains geflogen, damit die Kleine mal einen Schneemann bauen konnte.
Geschickt endet jede der kleinen Ausstellung in einem Verkaufsraum, in dem man sich wie oben beschrieben eindecken kann. Natürlich kann man auch die Elvisburger erstehen. Da kann ich nicht wiederstehen. Zum Dessert probiere ich die Lieblingssüßspeise des Kings. Ein Sandwich mit Erdnussbutter und Bananen leicht angetoastet. Dadurch wird mir seine Leibesfülle auf den späten Fotos etwas verständlicher.
Nach dem teilweise kitschigen, aber ohne Abstriche lohnenswerten Tag im Elvisuniversum begebe ich mich glücklich auf den Campingplatz und arbeite bei einer miserablen Internetverbindung lange, aber mit wenig Ergebnissen weiter an meiner Homepage.


22. Mai 2015, 05:10

Fahrt Mississippi Delta

Die Strecke nach Memphis führt mich an zwei Tagen 750 Kiometer entlang des Mississippi. Die Great River Road ist eine der bekannten touristischen Routen und folgt dem Fluß durch 10 Bundesstaaten. Ich begnüge mich mit den südlichen Louisiana, Mississsippi und Tennesse. Schließlich liegen in Tennesse die entscheidenden Orte auf der Rock n Roll Weltkarte.
Beide Reisetage sind von einer Mischung aus Fahrten auf schöner Strecke und Ausweichen vor Sturmgebieten geprägt. Für ersteres nutze ich natürlich die Landkarte. Für zweiteres kommen mir die verschiedenen Wetterseiten im Internet und ein kürzlich in einer Motorradzeitung erschienener Artikel über verschiedene Wolkenarten zu Gute. Es gelingt mir tatsächlich trotz permanenter Sturmwarnung die zeitlichen bzw. regionalen Lücken zwischen den Stürmen zu finden. Obwohl ich zwei Tage lang ständig irgendwo tiefschwarze Wolken und Blitze sehe erwischt mich lediglich eine halbe Stunde lang ein heftiger Regenguss. Was die bei der Formel 1 für ihre Boxenstops können, kann ich schon lange.
Die Landschaft und die Strecke führen entlang endloser Baumwoll- und Reisfelder sowie riesiger Rinderweiden. Zwischendurch sind immer mal wieder Farmen und kleinere Ortschaften zu sehen. Die Häuser sehen, wie auch schon in New Orleans, genauso aus, wie man es sich in den Südstaaten vorstellt. Weiße Holzhäuser mit einer großen Veranda stehen auf großen, akribisch gepflegten Grundstücken. Natürlich mit den obligatorischen Schaukelstühlen. Unweigerlich kommen einem die Geschichten um die Sklaven auf den Feldern in den Sinn. Keine schöne Vorstellung, dass ein goßer Teil des Wohlstands der USA auf diesem unmenschlichen Teil der Geschichte basiert.
Eine besondere Begegnung hab ich ca. 150 Kilometer vor Memphis. Bei gemächlicher Fahrt von genau 55 Meilen in der Stunde schweift mein Blick über die Landschaft. Auf der anderen Seite eines Mississippiarms befinden sich ein paar Rinderviecher. Etwas abseits der meisten steht ein Tier ähnlicher Größe. Da ich es nur kurz aus den Augenwinkeln sehe, wundere ich mich über die abweichende Form, mache mir aber keine weiteren Gedanken. Zwanzig Kilometer später warnt eines dieser Wildwechselschilder vor Bären. An der Silouette erkenne ich, dass ich es gerade verpennt habe, meinen ersten Bären genauer zu beobachten und zu fotografieren. Durch den Fluß getrennt wäre sogar alles ungefährlich gewesen. Ich könnt vor Wut in den Helm beißen.
Ich beschäftige mich weiter mit der Fahrt und komme nach zwei Tagen wie beschrieben fast durchgängig trocken auf dem Campinglatz gegenüber der Heimat des King of Rock n Roll in Memphis an. Bereits im Vorbeifahren ist zu erkennen, dass es vor den Toren von Graceland das Erbe von Elvis geschäftstüchtig verwaltet wird. Ich schlage mein Zelt auf dem Platz hinter dem Heartbreak Hotel auf.
Dort lerne ich Jan und Rianne kennen. Die beiden fahren mit KTMs für sechs Monate durch die USA und haben schon eine Menge anderer Touren gemacht. Insbesondere ihre Erzählungen über die Afrikatouren hören sich spannend an. Mit Zielen im Kopf schlafe ich nach langer Zeit endlich mal wieder in meinem Zelt ein.

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