Tagebuch

Hier wird einfach unsortiert auftauchen, was mir gerade einfällt. Ein bisschen besser sortiert und mit Bildern versehen werden die anderen Seiten sein. Üblicherweise erscheint natürlich der neuste Eintrag oben. Also immer auch mal weiter unten gucken.

Viel Spaß

 

 


20. März 2015, 09:26

Honolulu 2

Wieder mit kompletter Ausrüstung verbringe ich den nächsten Tag, vor dem Rechner und versuche, die noch verbleibenden neun Tage zu planen. Ein Tag wird für den Flug nach Hawaii benötigt. Für die Menschen, die gerade keine Landkarte von Hawaii zur Verfügung haben. Sowohl die Inselgruppe, als auch die größte Insel der selbigen tragen diesen Namen. Bleiben noch acht Tage. Ich plane auf Ohau nur die Region um Honolulu zu erkunden. D.​h. ein Tag für Pearl Harbor, ein Tag für eine Bergwanderung in ein benachbartes Naturschutzgebiet und ein Tag für die Sehenswürdigkeiten in der Stadt und ein bisschen Strand.
Für Hawaii bzw. Big Island bleiben dann noch fünf Tage. Da wird eine U-Boottour und eine Nachtschnorcheltour mit Mantas gebucht. Die Wanderung zu der berühmten fließenden Lava lässt sich im Internet nicht so richtig finden. Da muss ich vor Ort nachfragen.
Frisch durchgeplant setze ich mich am nächsten in den Bus und gucke mir die Gedenkstätte zum Angriff auf Pearl Harbor an. Ich hatte im Vorfeld mit überzogenem amerikanischen Pathos und Patriotismus gerechnet. Daher kommt die Wahrheit nicht ganz so überraschend. Die Soldaten und ganz Amerika werden hier extrem theatralisch als arme Opfer der Japaner dargestellt. Die vielen Toten sind natürlich extrem tragisch. Den Aspekt, dass die amerikanische Industrie sich im Vorfeld mit Waffenverkäufen an nahezu alle im Konflikt befindlichen Länder ein goldene Nase verdient hat wird mal eben weggelassen. Auch die Tatsache, dass sich der Streit zwischen Japan und den USA um Rohstoffvorkommen in Südostasien gedreht hat, auf die beide Länder scharf waren, wird mal eben weggelassen. Ich dachte auch nicht, dass es noch so eine blinde Verehrung und komplett unkritische heldenhafte Darstellung von Armeen in einem zivilisierten Land gibt.
Insgesamt kann man vier verschiedene Hauptstandorte besichtigen. Eines der versenkten Schlachtschiffe wurde nicht geborgen. Da auf der USS Arizona mit über 1000 Toten die meisten Verluste zu beklagen waren, wurde über dem Wrack eine Gedenkstelle errichtet, die man nur per Boot erreichen kann. Außerdem kann man noch ein U-Boot, ein Schlachtschiff und einen Hangar mit Flugzeugen besichtigen. Glücklicherweise kann man sich entscheiden alles einzeln zu bezahlen und zu besichtigen. Die Gedenkstelle ist kostenlos, Schlachtschiff und Hangar kosten jeweils 25 Dollar und für das U-Boot muss man 12 Dollar bezahlen. Man kann alles zusammen im Sparpaket für 65 Dollar sehen. Ich bin froh, noch zu der Generation zu gehören, die im Matheunterricht Kopfrechnen mussten. Die meisten Amis freuen sich über den Mengenrabatt und kaufen das Paket. Da ich Flugzeuge erst in Neuseeland gesehn habe, spare ich mir den Teil.
Wenn man sich auf die Theatralik einlassen kann, ist die Gedenkstelle über dem Wrack sicherlich sehr bewegend. Ich kann es nicht. Sowohl im U-Boot als auch auf dem Schlachtschiff überkommt mich wieder dieses seltsame Mischgefühl aus Faszination für das Machbare und Abscheu für den Zweck. Immerhin wird daran erinnert, dass auf dem Battleship Missouri der Friedensvertrag zwischen den Amerikanern und Japanern unterzeichnet wurde.
Bei aller Kritik an der Gedenkstätte soll nicht vergessen werden, dass solche Orte natürlich wichtig sind, um daran zu erinnern, wie unsinnig Krieg ist. Nur die Ausführung ist manchmal sehr eigenartig.
Nach einem kleinen Spaziergang durch die Stadt komme ich wieder im Hostel an. Da erreicht mich eine E-Mail, von meinem neuseeländischen Spediteur, die direkt zum nächsten Kapitel führt.

Redakteur

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19. März 2015, 08:42

Honolulu 1

Vom Jetlag und der von Hostel zu Hostel 32 Stunden dauernden Anreise erschlagen wache ich am nächsten Tag gegen 11 Uhr auf. Da es noch keine Infos von meinem Gepäck gibt, verschiebe ich meine Pläne. Eigentlich wollte ich mir am ersten Tag eine Übersicht über Hawaii verschaffen und weitere Hostels, Flüge, Besichtigungen, Touren etc. planen bzw. buchen. Jetzt steht ein Spaziergang in eine drei Kilometer entfernte Shopping-Mall an. Nach inzwischen 43 Stunden ohne Dusche und frische Klamotten ist mir das genau eine Stunde zu viel.
Das riesige Einkaufszentrum ist genauso, wie man sich die amerikanischen Konsumtempel vorstellt. Über vier Etagen ziehen sich endlose Gänge mit unzähligen Geschäften, Restaurants, Dienstleistern, Supermärkten etc.
Ich schlendere erst mal durch die Gänge und verschaffe mir mit Hilfe der überall aushängenden Lagepläne eine kleine Übersicht. Der ursprünglich scherzhaft gemeinte Gedanke, mich mit Hawaiihemden einzudecken kommt wieder auf. Hier gehört das dazu und ist überraschenderweise auch passend. Da ich mir aber sicher bin, dass ich so etwas ansonsten im Leben nicht mehr anziehen werde, halte ich nach anderen Dingen Ausschau. Ein T-Shirt und eine Hose, die bei den Temperaturen angemessener erscheint als meine dicke Jeans sind schnell gefunden. Zwischendurch belohne ich mich noch mit einem Eiskaffee im allgegenwärtigen Starbucks. Wie befürchtet ist die Suche nach Unterwäsche für Männer eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Während man nahezu in jedem Bekleidungsgeschäft ständig Damenwäsche in allen Varianten findet und es viele Spezialgeschäfte nur zu diesem Zweck gibt, ist weit und breit nichts für mich zu sehen. Ich hab das Gefühl, dass die Verkaufsfläche für Frauen hier in etwa einem Fußballfeld entspricht, während sich die vermutlich handballtorgroße Verkaufsfläche für Herren gut versteckt hält. Ob die Nachfrage das Angebot oder das Angebot die Nachfrage bestimmt ist so unklar, wie die berühmte Frage nach dem Ei oder dem Huhn. Genug zu meinen Ausführungen zum Thema Gleicberechtigung. Nach ca. einer Stunde werde ich in einem am Rande gelegenen Kaufhaus fündig und der Fall ist schnell erledigt.
Jetzt steht zur Belohnung ein griechisches Essen in einer der Futtermeilen an. Beim weiteren Schlendern entdecke ich noch einen gut versteckten Rock´n´Roll Laden. Die Klamottenauswahl ist in dem kleinen Laden riesig. Hier kann man auf einer Grundfläche von geschätzt acht mal 15 Metern lange Stöbern. Nach einer Stunde sehe ich mich gezwungen noch ein Breaking Bad Shirt zu erwerben.
Dank der Menschen von United Airlines bin ich so knapp 100 Euro losgeworden, um eine kleine Grundausrüstung mein eigen zu nennen. Hatte ich schon erwähnt, welche Fluggesellschaft ich in Zukunft meiden werde?
Auf dem Heimweg halte ich noch in einem Supermarkt an und fülle meinen Rucksack mit allem, was ich in den nächsten Tagen benötige. Kaum im Hostel angekommen fährt ein Taxi vor und der Fahrer überreicht mir den vermissten Rucksack.

Redakteur

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18. März 2015, 11:37

Flug Hawaii

Nach den guten Erfahrungen, beim Flug von Jakarta nach Sydney bei eventuellen Problemen bei Formalitäten, bin ich auch bei meiner ersten Reise in die USA vier Stunden vor dem Start am Flughafen. Natürlich läuft das Einchecken ohne jegliche Probleme. Auch die Dokumente, die man laut Fluggesellschaft und Einreisebehörde der USA unbedingt ausdrucken und vorlegen soll, interessieren niemanden, weil sowieso alles auf den netten kleinen Bildschirmen steht und hunnerdprozendich in Ordnung ist.
Die Wartezeit vertreibe ich mir im Dutyfreebereich. Ich besitze noch genau zwei neuseeländische Dollar, da ich natürlich kein unnötiges Geld mit in das nächste Land schleppen will. Komplett bargeldlos fühle ich mich gut gewappnet gegen die Angriffe der kommerziellen Reize. Nach einer Weile fängt mein wieder gesundetes Auge einen Fanshop des neuseeländischen Rugbynationalteams ein. Die Jungs sind der ganze Stolz der Nation. Natürlich kleiden sie sich getreu ihrem Namen „All Blacks“. Die Farbe stört sie auch nicht bei direkter Sonneneinstrahlung und der daraus resultierenden Hitzewallungen. Das Team heißt so, also wird auch schwarz getragen. Das gefällt einem sturen Nordhessen wie mir natürlich besonders. Mit den Maorizeichen und der neuseeländischen Feder sind da richtig coole Trikots dabei. Ich hatte schon mehrfach welche der Hand, hatte mich aber bei Preisen um die 130,​- Euro gegen einen Kauf entschieden. Ich weiß zwar nicht warum, aber im Dutyfreebereich steht da plötzlich ein Preis von 70,​- Euro. Dem Plastikgeld sei Dank, kann ich das „Schnäppchen“ erwerben und meiner Designeraustattung hinzufügen.
Die letzten zwei Dollar werden noch in einen Massagesessel gesteckt und ich stelle mich in die Schlange zum Boarding. Dank meines frühen Eincheckens, habe ich mal wieder einen Sitzplatz mit genügend Beinfreiheit. So kann ich die zwölf Stunden Flug über den Pazifik bis San Francisco an einem Freitag, dem 13. um 20 Uhr in Ruhe antreten.
Das Unterhaltungsprogramm bei Air New Zealand ist auch diesmal wunderbar. Da ich erfahrungsgemäß auf solchen Flügen nicht richtig schlafen kann und nur vor mich hindöse, entscheide ich mich, mit den letzten drei Batmanfilmen auf Bekanntes zurückzugreifen, bei dem man auch mal ein Viertelstündchen wegschlummern kann. Zwischen den Filmen gibt es zur Auflockerung zwei Dokumentationen über die neue Scheibe der Foo Fighters. Die Jungs haben jeden Song des Langspielers in einer anderen amerikanischen Stadt aufgenommen und versucht mit Künstlern aus den jeweiligen Orten die besondere Stimmung dort aufzufangen. Zu jedem Lied gibt es eine halbstündige Dokumentation. Da kommen Größen wie Joan Jett, Willy Nelson, Dolly Parton und noch einige mehr zu Wort. Die Zusammenarbeit mit Cheap Trick Gitarristen Rick Nielsen in Chicago für „Something From Nothing“ mit den in Riffform gespielten Verneigungen vor Black Sabbath beeindruckt mich dabei am meisten.
Der Flug läuft rund und wir landen pünktlich in San Francisco. Ich weiß zwar nicht warum, aber hier muss ich bei einem Transitflug meinen Rucksack vom Gepäckband holen und 50 Meter weiter wieder aufgeben. Anschließend geht es zur sagenumwobenen Einreisekontrolle. Außer dem Ganzkörperscan und den Fingerabdrücken tut sich nichts besonderes. Es ist zwar auffällig, dass muslimisch aussehende Menschen mindestens zehn Minuten länger gecheckt werden, aber auch da fällt ansonsten nichts auf.
Die fünf Stunden Wartezeit vertreibe ich mir mal wieder mit einer Kontrolle der Auslagen im Dutyfreebereich. Hier gibt es diesmal wirklich nur überteuerten Blödsinn zu erwerben. Ich bestelle mit meinem ersten echten US-Burger die Grundlage einer jeglichen gesunden Ernährung und lese in einem der vielen Sessel ein bisschen. Nebenher wird noch geprüft, ob die Befürchtungen gerechtfertigt sind, dass die lediglich 110 Volt aus den amerikanischen Steckdosen Probleme bereiten könnten. Die Lämpchen am Laptop tun zuverlässig ihre Arbeit und über USB kann ich damit fast alles laden. Lediglich die elektrische Zahnbürste lässt sich nicht über USB laden. Warum ist das Gerät eigentlich noch nicht digitalisiert und über das Internet gesteuert. Das ist ja fast wie in der Steinzeit.
Beim Einchecken für den Flug nach Hawaii wundere ich mich zwar, über den auf der Anzeigetafel zu sehenden Zwischenstopp in Los Angeles, messe dem aber keine weitere Bedeutung zu.
Das System beim „Boarding“ ist etwas befremdlich. Es gibt immer fünf Gruppen. Wie man sich einer der Gruppen zugehörig fühlen soll ist nicht ersichtlich. Also frage ich einen Menschen in der Schlange, der mir auch nicht weiterhelfen kann, aber glaubt, dass ich zur Gruppe 1 gehöre. Die Dame am Schalter gibt mir nach einem Scan meines Tickets und einem Blick darauf zu verstehen, dass ich zur Gruppe 3 gehöre. Als ich 15 Minuten später bei derselben Dame erneut mein Ticket vorzeige, wundert sie sich was ich hier will und schickt mich zu einer Kollegin, die besondere Fälle bearbeitet. Sie stellt mir einen neuen Boardingpass aus und schickt mich in die Schlange zur Gruppe 5. So schnell kann man vier mal in Folge absteigen. Vorsichtshalber frage ich nach, ob ich meinen Rucksack wieder eigenhändig von einem Fließband aufs andere tragen muss. Sie gibt mir zu verstehen, dass alles seinen Lauf nehmen wird.
Nach 70 Minuten landen wir in L.​A.​. Der Blick auf die Anzeigetafel zeigt mir, dass es zwei Flüge nach Honolulu gibt. Beim nächsten Flug läuft bereits das Boarding. Schnellen Schrittes fliege ich die geschätzten 500 Meter zum Gate. Hier wird mir erklärt, dass ich zum zweiten Flieger nach Honolulu, der in zwei Stunden startet müsse. Davon steht zwar nichts in meinem Flugplan und ich werde inzwischen mindestens drei Stunden nach meiner geplanten Ankunft in Hawaii landen, aber einen wirklichen Einfluss auf das Geschehen habe ich nicht.
Bevor sich erneut die Schlangen beim Boarding bilden, frage ich einen der Männer, in welche Gruppe ich mich diesmal einreihen soll. Nach einem Blick auf mein Ticket schickt er mich erneut in die Gruppe 3. Als ich bei selbigen 20 Minuten später erneut mein Ticket vorzeige, schickt er mich nach dem Scannen erneut zu seinem Kollegen für besondere Fälle. Der Mann schreibt eine neue Sitzplatznummer auf mein Ticket und schickt mich zurück. Sein zwei Meter entfernt stehender Kollege will mein Ticket drei Minuten später erneut nicht akzeptieren. Diesmal fragt er seinen Kollegen direkt und lässt mich durch.
Auch hier habe ich Glück mit dem Sitzplatz. Am Notausgang kann ich es mir mit ausgestreckten Beinen gemütlich machen. Entsetzt bin ich darüber, dass man bei United Airlines, mit denen ich inzwischen fliege, für das Unterhaltungsprogramm mal eben seine Kreditkarte durch das Gerät ziehen muss und dafür abkassiert wird. Bei dem Service, den ich auf meinen bisherigen Flüge hatte sehe ich das nicht ein und greife zu i-pod und e-book, um mir die Zeit zu vertreiben. Auch die Stewards bieten im Serviceland Amerika diesen nicht wirklich an. Für das Essen soll man bezahlen und Getränke werden auf dem sechsstündigen Flug lediglich einmal gebracht. Bezeichned für den nichtvorhandenen Service ist eine der „Saftschubsen“, die ich beobachten kann, wie sie ein Buch aus ihrem Gepäck nimmt, drei Stunden verschwindet und es dann wieder verstaut. Ich weiß, welche Fluglinie ich in Zukunft meiden werde.
Wir landen drei Stunden nach der geplanten Zeit in Honolulu. Nach und nach nehmen die Leute ihr Gepäck vom Band. Als ca. 15 Minuten lang kein neues Gepäckstück auf das Rollband rutscht und sich die Reihen immer mehr lichten, fange ich an, leichte Sorgen zu bekommen. Mein Rucksack ist nicht zu sehen. Im Büro für solche Fälle werden meine Daten aufgenommen und man verspricht mir, dass sich gekümmert wird. Erst auf Nachfrage, was ich ohne mein Gepäck machen soll, wird mir zur Entschuldigung feierlich eine Tüte überreicht. In dem frühstücksbeutelgroßen Behältnis befinden sich verschiedene Probepackungen und Werbegeschenke. Außer mit der Zahnbürste und dem Duschzeug lässt sich mit nichts etwas anfangen. Besonders der Minikamm und das Waschmittel finde ich sehr gut. Der Kamm bricht beim ersten Versuch in einzusetzen durch und wie solch ich die Wäsche waschen, die sich in meinem verschollenen Rucksack befindet? Ich kenne Fälle von innereuropäischen Flügen über lediglich eine Stunde, in denen den Leuten in ähnliche Situationen Gutscheine für die Flughafengeschäfte über 100 Euro ausgestellt wurden. Hab ich schon erwähnt, welche Fluggesellschaft ich demnächst meiden werde?
Einziger Lichtblick ist die Aufklärung über die Wirren bei der Anreise. Mein ursprünglich gebuchter Flug wurde gestrichen. Warum mir das niemand beim Einchecken sagt oder mir keine E-mail geschickt wird bleibt ein Rätsel. Ich glaube, ich werde United Airlines demnächst meiden.
Ich teile mir mit einem Ehepaar ein Taxi, da sie ein ähnliches Schicksal erleiden mussten ein Taxi, weil unsere Hotels in einer Gegend liegen. Kurz bevor im Hostel das Büro geschlossen wird, komme ich am Freitag, dem 13. um .​23.​45 Uhr an. Trotz der Verzögerungen habe ich es dem „historischen“ Weltreisenden Phileas Fogg gleichgetan und einen Tag gewonnen.


16. März 2015, 10:44

Abschluss Neuseeland

Neuseeland hat zurecht den Ruf, das schönste Land der Welt zu sein. Die schönsten Plätze Europas und noch mehr sind hier auf engstem Raum gebündelt. Mit einer Fläche von etwa 2/​3 Deutschlands ist das unglaublich beeindruckend. Ein kleiner Zahlenvergleich mit Australien macht das ein bisschen deutlich. Während man da mindestens einen, eher drei bis vier Tage zur nächsten Sehenswürdigkit fahren muss und dabei zwei bis drei mal am Tag volltanken muss, besucht man in Neuseeland manchmal nur jeden zweiten oder driten Tag den Zapfhahn. Und hat dabei noch die Möglichkeit täglich mehrere interessantoder spannende Dinge zu besuchen. Wobei natürlich fairerweise erwähnt werden muss, dass die Größe und Weite in Australien schon eine Attraktion ist.
Überhaupt hint der Vergleich der beiden Länder, weil sie komplett unterschiedlich sind. Der Gedanke vieler Europäer, dass da zwei Inselländer am anderen Ende der Welt direkt nebeneinander liegen und sich bestimmt irgendwie ähneln, ist schlicht und einfach falsch. Allein die Flugzeit von Sydney nach Auckland beträgt vier Stunden. Das entspricht fast der Strecke von Dänemark nach Kreta. Da liegen in Europa mal eben geschätzte zehn eigenständige Staaten dazwischen, die unglaublich vielfältig und unterschiedlich sind.
Ich finde beide Länder mächtig schön, wobei mir das einfache Reisen und die größere Abwechslung in Neuseeland leicht besser gefällt. Die Kurzbeschreibung eines Rangers auf dem Keplertrack trifft es ganz gut. Als sich Neuseelnad bei der Kontinentalverschiebung von Australien gelöst hat, haben die Australier die Raubtiere und die Wüste behalten und die Neuseelaänder haben die Natur und die netten Tiere mitgenommen.
In Australien dachte ich, dass die Freundlichkeit der Menschen unübertroffen ist. Sie sind auch unglaublich nett. Die Neuseeländer wissen das noch zu steigern. Kein Streit mit den eigentlichen Ureinwohnern des Landes, viele Einheimische wissen gar nicht, wie man ein Auto abschließt, weil es nicht nötig ist, der Zollbeamte erlässt einem Teile der Einfuhrgebühren, weil er selber Motorrad fährt, an unlaublich schönen Stellen trägt der Staat, die Hauptkosten um dort zu campen, die Armee hilft dabei, Straßen für ein ehrgeiziges Filmprojekt zu bauen.​.​.​.​.
Ich könnte noch eine Weile weiter aufzählen, das meiste ist aber in den vorherigen Berichten schon geschrieben.
Trotz der gut zwei Monate, die ich durch das Land gefahren bin und der fast drei Monate, die ich hier war, ist es nicht möglich alle schönen Orte, Plätze, Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Manchmal stellt sich das Wetter quer, manchmal ist etwas ausgebucht, manchmal ist man von den vielen schönen Eindrücken einfach so voll, dass man nur gemütlich macht. Alleine von den neun Great Walks sind bisher nur zwei komplett und einer in Ansätzen von mir beschritten. Wie in Indonesien und Australien bleiben noch eine Menge Sachen für das nächste mal offen. Obwohl ich am Ende so ein bisschen satt war, freue ich mich schon auf die nächste Reise nach Mittelerde. Schließlich ist ein Leben ohne die Bemoschung des Mt. Doom möglich, aber nicht erstrebenswert.
Ich halte es jetzt wie Anette Humpe, als sie mit Ideal noch musikalisch erwähnenswert war: „Ich flieg nach Hawaii!​“ Vielleicht lasse ich mir einen Schnäuzer wachsen, kaufe ein paar Hawaiihemden und einen Ferarri Testarossa, mache eine Hundeschule mit, damit ich mit dem Dobermännern Zeus und Apollo zurechtkomme und werde Privatdetektiv.

Redakteur

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16. März 2015, 01:48

Auckland 6

Die Abgabe des Motorrads läuft relativ problemlos. Die Kiste ist bei dem Spediteur untergebracht, bei dem sie auch ankam. Ich musste in dem Riesenunternehmen zwar eine Stunde warten, bis die Lagermenschen das gute Stück gefunden haben, danach lief aber alles rund. Noch zwei oder dreimal Motorrad einpacken und ich erledige das ohne fremde Hilfe unter einer Stunde. Beim ersten Mal waren das noch über zwei Stunden und an ein paar schwierigen Stellen musste jemand anpacken.
Der vom ersten Spedituer vermittelte Spediteur scheint engagiert und zuverlässig zu sein. Der erste Transportunternehmer war so nett, mir einen günstigeren Kollegen zu empfehlen. So was passiert in Deutschland vermutlich nie bis sehr selten.
Einer der Arbeiter wird abgestellt, mich in das 15 Kilometer entfernte Stadtzentrum, wo mein Hostel ist, zu fahren. Jetzt muss nur noch das Kerngeschäft funktionieren und ich bin zufrieden.
Gut gelaunt stürze ich mich auf die zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten der Stadt. Da mein kleiner Rucksack inzwischen die glückliche Zahl von 13 Jahren Lebensalter erreicht hat, zeigt er massive Schwächen. Hier ist dringender Handlungsbedarf, da ich ungern während der Fahrt Dige aus den Löchern in der Seite verliere. Mit meinen Erfahrungen vom Motorradfahren und den Trekkingtouren suche ich jetzt mit viel Zeit den idealen Rucksack für alles. Ohne lange zu suchen, finde ich sechs Outdoorläden und lasse mich ausführlichst beraten. Bei Kathmandu werde ich fündig. Die Kette entspricht in etwa unserem Jack Wolfskin, hat aber deren Stand von vor 20 Jahren. Sprich, sie stellen noch Qualität her und sind nicht zur mittelmäßigen Allerweltsware verkommen. Zum Geld einsparen werde ich bei denen kostenlos Clubmitglied und zahle mal eben 60 Euro weniger. Trotz allem sollte das Tragwerk bei dem Preis mindestens genau so lange halten, wie sein Vorgänger.
Natürlich stöbere ich mal wieder in dem unglaublichen Musikladen und entdecke ein paar Scheiben von Steriogramm, einer neuseelaändischen Band, die ich vor ein paar Jahren mal im Vorprogramm von Bad Religion gesehn habe. . Ich war damals noch in meinem ersten Neuseelandrausch und hab die Jungs nach dem Konzert ständig für ihr Land gelobt. Das eigentliche Hauptthema, die Musik, hab ich dabie ganz vergessen. In Deutschland waren die Burschen nicht aufzutreiben. Hier ist jetzt Abhilfe geschaffen.
Wie am Ende der Australienzeit schrumpfe ich meine Ausrüstung weiter und schicke ein Paket mit überflüssigem Material nach Hause. Ich hab einfach zu viel Kram mitgeschleppt. So wird zum Beispiel der Campingtisch, den ich seit fünf Monaten ungenutzt umher fahre als unnötig entsorgt. Bei meiner Abreise hab ich mir für Australien einen Crocodil Dundee Hut gekauft. Beim Abflug hab ich dann gemerkt, dass ich den vergessen habe. Natürlich wurde der bei meiner Ankunft in Sydney sofort neu gekauft. Auch der Hut wurde bisher ungenutzt umherkutschiert. Ich bin einfach kein Mützenmann. Die frisch erworbenen Musikschätze finden ebenfalls ihren Weg in den Karton. Das Paket füllt sich gut und insgesamt erleichtere ich mich um etwas mehr als sieben Kilogramm. Der Versand ist nicht wirklich günstig, aber Inhalt und Gewichtsersparniss rechtfertigen alles.
Der Troß des Volvo Ocean Race macht gerade Halt in Auckland. Bei dem Segelbootrennen wird einfach mal die Welt umsegelt. Die Sieger benötigen für die 45000 Kilometer im Schnitt 120 Tage. Die letzten kommen manchmal erst nach 180 Tagen an. Die Boote sehen zwar beieindruckend aus, aber da ich in dem Bereich komplett ahnungslos bin, kann ich da nicht so wirklich etwas erkennen.
Ich erledige noch ein paar Zollfromalitäten. Da bin ich inzwischen erfahren genug, mich nicht mehr aus der Ruhe bringen zu lassen. Es ist zwar alles etwas anders als bei uns, aber letztendlich ist Verwaltung doch überall ähnlich. Ohne Formblätter macht kein Beamter irgendetwas, die Zuständigkeit wird geprüft (das heißt hier zum Beispiel, dass ich am 60 Zentimeter entfernten Nachbarschalter vom gleichen Beamten weiterbedient werde), erstmal geht gar nichts und mit ein bisschen Erklärungen läuft es dann doch. Wie bei uns.
Abends entdecke ich im Internet noch ein zur aktuellen Situation passendes Musikvideo aus den 60er Jahren. Leonard Nimoy hat schon damals einen Song über Bilbo Baggins aufgenommen. Lässt sich leicht auf You Tube finden und ist der Hit.
Das wichtigste ist, dass die Vorfreude auf Hawaii und San Francisco wächst. Es wird wirklich Zeit, dass etwas Neues passiert. Nur 18 Stunden im Flieger und ein fünfstündiger Zwischenstopp und schon bin ich wieder auf der Nordhalbkugel. Gespannt bin ich auf die sagenumwobene Einreisprozedur in die USA. Ich hoffe, dass ich alles richtig gemacht habe, da die amerikanischen Grenzbeamten angeblich nicht wirklich entspannt sind.
Das wichtigste ist, dass die Vorfreude auf Hawaii und San Francisco wächst. Es wird wirklich Zeit, dass etwas Neues passiert. Nur 18 Stunden im Flieger und ein fünfstündiger Zwischenstopp und schon bin ich wieder auf der Nordhalbkugel. Gespannt bin ich auf die sagenumwobene Einreisprozedur in die USA. Ich hoffe, dass ich alles richtig gemacht habe, da die amerikanischen Grenzbeamten angeblich nicht wirklich entspannt sind.

Redakteur

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12. März 2015, 11:15

Coromandel

Die Halbinsel ist auch nach acht Jahren noch ein Traum. Trotz der Nähe zu Auckland ist hier alles wunderbar ländlich und einsam. Kleine Straßen durchkreuzen die hügelige Gegend direkt am Meer. Die vielen Warnschilder an Motorradfahrer, ihre Geschwindigkeit anzupassen sind ein untrügliches Kennzeichen für herrliche Pisten. Ich wähle für die Strecke von Tauranga nach Waikawau Bay im Norden der Halbinsel mal wieder eine entspannte Mischung aus kleinen Straßen und Offroadpisten. Vom nördlichsten größeren Ort der Gegend, Coromandel Town, sind die letzten ca. 80 Kilometer ausschließlich ordentlich beschottert.
Am Waikawau Bay finde ich mal wieder einen der unbeschreiblichen DOC Plätze mit direkter Strandlage. Nach einer gemütlichen Nacht und einem halben Strandtag fahre ich in das YHA Coromandel Town. Für die weitere Reise sind noch ein paar E-Mails zu schreiben. Sobald das erledigt ist und ich Info über den genauen Abgabetermindes Motorrads bei der Spedition habe, will ich die letzten Tage in Neuseeland planen.
Natürlich kommt es anders als gedacht. Am zweiten Tag beginnt die Hälfte meiner Augen an mächtig zu brennen. Nach einer Nacht darüber schlafen hat sich nichts getan. Die Rötung des ansonsten blütenweißen Augapfels erinnert an Christopher Lee in seiner Paraderolle als Dracula. Auch die Schmerzen in der Sonne lassen stark an ein einsetzendes Vampirsyndrom glauben. Nach erfolgreicher Selbstdiagnose komme ich mit Hilfe des Internets auf eine Bindehautentzündung. Also spaziere ich mit meinem Wörterbuch bewaffnet in die Apotheke und verlange ein paar Augentropfen gegen das Leiden. Die Apothekenhelferin verweist mich, wie ich es in solchen Einrichtungen gewohnt bin, direkt weiter an den Chef. Nach ausführlicher Diagnose kommt er zielsicher darauf, dass es sich um eine Bindehautentzündung handeln muss. Er zeigt mir ein paar Augentropfen, die helfen und sagt, dass er sie nur nach Rücksprache mit einem Arzt rausrückt. Die Ärztin hat ihre Praxis genau gegenüber. Also setze ich mich nach der Anmeldung in den leeren Warteraum. Vier nach mir kommende Einheimische werden noch abgefertigt und nach einer Stunde kann ich die heiligen Hallen der Äztin betreten. Innerhalb von drei Minuten stellt sie überraschend die Diagnose. Es handelt sich um eine Bindehautentzündung. Für 80 Euro erhalte ich ein Rezept, mit dem ich die Augentropfen in der Apotheke kaufen kann. Ein Schelm, wer hier Vetternwirtschaft vermutet.
Laut der Ärztin und dem Apotheker sollte nach zwei bis drei Tagen Besserung eintreten. Dummerweise ist so an das Tragen meiner Kontaklinsen nicht zu denken. Wegen der Schmerzen bei Sonnenlicht ist eine Sonnenbrille selbst in Räumen ein stetiger Begleiter. Also ist auch an die normale Brille nicht zu denken. Motorradfahren fällt erst mal aus.
Ich mache es mir im YHA für ein paar Tage gemütlich. Da mit Kersten aus Fehmarn und Markus (ich bin mir bei dem Namen schon wieder nicht mehr sicher) aus Würzburg anfangs zwei nette Menschen anwesend sind, fällt das Warten nicht ganz so schwer. Kersten ist einer von diesen Industriekletterern, die man auf der Spitze von Windrädern rumturnen sieht. Weil der Job im Winter zu gefährlich ist, zieht er für drei Monate durch Neuseeland. Markus arbeitet in einem Krankenhaus in der Verwaltung und hat sich ebenfalls für drei Monate Urlaub angespart. Genau wie ich konnte er sein Motorrad nicht so lange alleine lassen und hat es gleich mitgenommen. Damit habe ich bisher in beiden bereisten Hauptländern ein Motorrad mit deutschem Nummernschild gesehn. Es gibt doch noch mehr normale Leute.
Neben dem Austausch unseres Musik- und Filmwissens machen wir noch eine kleine gemeinsame Wanderung. Von einem nahen Aussichtspunkt gibt es einen netten Blick auf das 1000 Einwohner große Städtchen.
Normalerweise gucke ich den Beipackzettel bei Medikamenten zumidest mal oberflächlich durch, weil ich einfach wissen will, was für eine Chemie mir da zugeführt wird. Das ist hier nicht möglich. Es gibt keinen. Ich forsche nach ein paar Tagen im Netz nach den Tropfen, weil ich natürlich neugierig bin. Ohne zu Fragen hat mir die Ärztin mal eben ein paar Antibiotika verabreicht. Die versuche ich ansonsten eher zu umgehen. Bei uns weisen einen die Ärzte im Regelfall auch auf Alternativen hin. Hier wird das Zeug einfach mal so verabreicht. Egal es hilft und bald ruft die Straße wieder.
Nach drei Tagen sind die Beschwerden im Auge nahezu verschwunden und um dem Lagerkoller vorzubeugen fahre ich in das nur 80 Kilometer entfernte Hahei auf der anderen Sieite der Halbinsel. Der Weg führt natürlich über eine Schotterpiste. Auf halber Strecke befindet sich eine Mischung aus Kunstausstellung, Spielplatz und Vergnügungspark. Die Waterworks drehen sich komplett um das Thema Wasser. Neben kuriosen Gestalten und Maschinen, die mit Wasser betrieben werden oder sonstwie mit Wasser zu tun haben, ist ein besserer Abenteuerspielplatz ebenfalls um das Thema Wasser zu sehen.
In Hahei finde ich einen Platz auf einem normalen Campingplatz. Bei Sonneschein finde ich eine Ecke in einem dunklen Aufenthaltsraum, in dem mein Auge noch ein wenig weiter geschont wird. Hier findet sich später noch ein weiterer Motorradfahrer aus Deutschland ein, der mit einer gemieteten BMW für drei Wochen über die beiden Inseln flitzt. Seinen Namen kann ich nicht vergessen. Ich habe es nämlich versäumt, danach zu fragen.
Zum Zeitvertreib raffe ich mich am zweiten Nachmittag zu einem kleinen zweistündigen Spaziergang zur berühmten Cathedral Cove auf. An einem Strand ist eine Höhle bzw. großes Loch zu sehen. Durch den ca. 20 Meter langen und zehn Meter hohen Durchgang kann man einen zweiten Strand erreichen. Die Menschenmassen zieht es hier mit Ausflugsbussen hin. Ganz nett, aber leztendlich auch nur ein Strand mit einem Loch im Fels als Attraktion. Selbstverständlich stehe ich in der Pflicht, Cineasten zu informieren. Hier wurden Szenen aus „der König von Narnia“ gedreht. Marko, mit dem ich vor scheinbar unglaublich langer Zeit den Kepler Track gelaufen bin, hatte recht. Die Cathedral Cove in den Catlins war wesentlich schöner. Vermutlich nur nicht so berühmt, weil sie ausschließlich bei Ebbe zu erreichen ist und in einer nicht so touristischen Gegend liegt.
Nach zwei Nächten wird es Zeit, die letzten Kilometer in Neuseeland zurückzulegen. Das Motorrad muss in zwei Tagen wieder in seiner Kiste stecken, damit der sicherlich zuverlässige neuseeländische Spediteur seine Arbeit machen kann. Er hat mir zugesagt, dass mein Motorrad ungefähr zeitgleich mit mir in San Francisco ankommt. Allerdings hat er zumindest ehrlich eingeschränkt, dass es am Hafen nur wenige Anlegplätze gibt und es manchmal zu bis zu zweiwöchigen Verspätungen kommt. Ich bin gespannt.

Redakteur

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09. März 2015, 10:02

Tauranga

Nach einer entspannten Nacht in Ohakune stehen die knapp 300 Kilmeter nach Tauranga an. Die Strecke führt mich entlang der westlichen Seite des Tongario Nationalparks. Dadurch habe ich jetzt alle vier Straßen, die den Park umschließen befahren. Alle sind echt schön, wie es sich für einen Nationalpark gehört, der sich hochalpin nennt. Viele Kurven, immer wieder hoch und runter. Ganz so, wie es sich das mehrfach erwähnte Motorradfahrerherz wünscht. Natürlich verspottet mich die Aussicht noch einmal mit einer freien, sonnigen Sicht auf den Mt. Doom.
Tauranga ist ein nicht weiter erwähnenswerter, größerer Küstenort. Es sieht ein bisschen nach Adria aus. Der Strandtourismus und der größte Industriehafen Neuseelands bestimmen das Stadtbild. Hier wird haupsächlich Öl und Nutzholz umgeschlagen.
Die Stadt liegt zum einen ca. in der Mitte zwischen meinem nächsten Ziel, der Coromandel Halbinsel und zum anderen betreibt der Schlagzeuger von AC/​DC Phil Rudd hier eine Bar. Da ist es natürlich für einen Rock´n´Roller Pflicht, hier ein kühles Getränk zu sich zu nehmen.
Ich finde ein Hostel in der Nähe der Kneipenmeile und hole mir im Internet nähere Infos zum Schankraum meiner Wahl ein. Es stellt sich heraus, dass es sich bei der erhofften Rock´n´Rollkneipe namens „Phils Place“ eher um ein besseres Essenslokal am Jachthafen handelt. Also wird der Plan geändert. Da es Samstag ist schlendere ich einfach entlang der Kneipenmeile und hoffe etwas spannendes zu entdecken. In einer Kneipe spielt eine viertklassige Coverband. Ansonsten scheint es nichts zu geben, was mich anspricht. Nach zwei Bier halte ich die schlecht gespielten, hundert mal gehörten Songs nicht mehr aus und ziehe mich ins Hostel zurück.
Mit Schrecken muss ich auch noch Lesen, dass der geschätzte Mr. Spock Darsteller Leonard Nimoy verstorben ist. Im mehrfach erwähnten Musikladen in Auckland steht ein lebensgroßer Pappaufsteller von ihm in seiner Paraderolle. Zeit, endlich diesen Ort zu fotografieren.
Ich beschließe, vor der Weiterreise in „Phils Place“ ein besseres Lunch zu geniessen, um die Kneipe zumindest betreten zu haben.
Vorher besuche ich zum Zeitvertreib noch eine Austellung klassischer Flugzeuge beim Flughafen. In einem Hangar sind größtenteils alte Kampfflugzeuge ausgestellt. Es ist immer wieder sowohl faszinierend als auch erschreckend, wie viel Zeit, Geld und Kreativität in Maschinen gesteckt wird, die schlicht und einfach nur zum Krieg spielen, und damit Töten von Menschen, dienen.
Das Lokal wirkt tatsächlich eher wie ein gutes Hafen-/​Speiselokal im gehobenen Umfeld. Allerdings läuft klassische Rock´n´Roll Musik aus den 50er und 60er Jahren. Auf einer Empore steht das Schlagzeug von Phil und an den Wänden sind dezent Photos mit verschiedenen Bands aufgehängt. Zwei Stagekoffer mit AC/​DC Aufschrift dienen noch als Deko. Außerdem sind in zwei Vitrinen Grammys, Auszeichnungen der Rock´n´Roll Hall of Fame und andere Preise ausgestellt. Mit Motorradklamotten falle ich hier schon ein wenig auf. Die Bedienung fragt mich beim bestellen natürlich, ob ich AC/​DC Fan sei. Dann erklärt sie nebenher, das der Chef persönlich gerade vor einer halben Stunde auf einen Kaffee hier war. Jetzt ärgert mich die Kriegsmaschinerie doppelt.
Der Salat mit Scampis ist trotz allem lecker, das Bier gut gezapft und die Zitronencremetorte mit Eis und Esspresso zum Dessert ist auch nicht zu verachten.
Bei der Weiterfahrt stelle ich seit langen mal wieder den Zufallsgenerator auf meinem i-pod aus und höre nur eine Band. Ich verrate den Namen nicht. Als Tip: Sie hat vier Buchstaben und alle werden großgeschrieben.


06. März 2015, 22:16

Tongario Nationalpark

Im Hostel in Ohakune schlage ich mein Basislager auf. Der Ort ist im Winter ein Skiort. Im Sommer wirkt hier alles etwas verschlafen. Nur ein paar Wanderer und Mountainbiker sind zu sehen.
Vom Hostel werde ich am nächsten Morgen gegen sieben Uhr zum 50 Kilometer entfernetn Einstieg des Tongario Northern Circuit gebracht. Am Parkplatz macht sich blankes Entsetzen breit. Hier befindet sich auch der Start zur berühmtesten Tageswanderung Neuseelands. Die Tongario Crossing genannte Strecke entspricht über weite Strecken dem ersten Tag meiner Dreitagestour durch die aktive Vulkanlandschaft. Fünf Reisebusse und massig Autos stehen eng beieinander. Die geschätzt 350 Menschen haben, genau wie ich, den besten Zeitpunkt für den Start der Wanderung gewählt. Mit gedämpfter Stimmung mache ich mich mit den Massen auf den Weg. Vergleiche zu Ameisen, Lemmingen und Perlenketten sind angebracht. Nach und nach durchpflüge ich nach Art des Hauses Moses die Menge von hinten nach vorne. Nach ca. einer Stunde zügigen Gehens auf einem leichtem Anstieg habe ich zumindest etwas Luft zum Atmen.
Jetzt beginnt der eigentliche, wichtige Teil der Wanderung. Ein einstündiger Anstieg über ca. 400 Höhenmeter führt zum Fuß des Mt. Ngauruhoe. Wie gelegentlich erwähnt, der Schicksalsberg bzw. Mount Doom. Um auf den Gipfel zu gelangen, muss man auf einem Seitenpfad nur noch ca. zwei Stunden bergauf über ein Geröllfeld aus Lavasteinen gehen und dabei 350 Höhenmeter überwinden. Der nette Hang ist dabei so steil, dass man zwei Schritte macht und auf dem losen Untergrund einen wieder zurückrutscht. Der Gipfel ist komplett von Sturmwolken umhüllt. Sowohl Wetterbericht als auch Bergwacht warnen davor, bei solchen Bedingungen sein Schicksal herauszufordern. Ich mache, in der Hoffnung, dass sich alles aufklärt, eine ausgiebige Frühstückspause. Nach ca. 30 Minuten drängen die Massen nach und nach auf den Berg und überholen mich wieder. Die Wolken hängen weiter am Gipfel fest. Schweren Herzens setze ich meinen Weg fort. Es folgen noch echt beeindruckende Vulkanlandschaften. Man durchläuft einen riesigen dampfende Krater und kommt über verschiedene Anstiege immerhin auf eine Höhe von 1886 Metern. Der Mt. Ngauruhoe in seinem Wolkenkleid sieht man dabei ständig. Der Circuit genannte Weg führt schließlich im Kreis um denselbigen.
Vom Red Crater führt ein steiles Geröllfeld bergab bis zu den Emerald Lakes. Hier machen mir die Tagestouristen, die sich mit Sneakers auf dem Berg rumtreiben besonders Spaß. Ihre schönen Schuhe werden dreckig und man fällt auch noch ständig hin. Mein Mitleid hält sich in Grenzen.
Am Fuß des Abstiegs trennt sich die Spreu vom Weizen. Ich biege rechts ab, um nach 90 Minuten die Hütte zum Übernachten zu erreichen. Der überwiegende Rest der Läufer geht geradeaus, um vom ca. zwei Stunden entfernten Parkplatz abgeholt zu werden. Eine echte Wohltat. Pötzlich hat man die Natur für sich alleine. Vor mir ist lediglich eine Wanderin zu sehen. Der Weg führt jetzt durch eine Landschaft, die wie eine Mischung aus Mond, Mars, Mittelgebirge und Lüneburger Heide aussieht. Auf dem lebensunfreundlichen Vulkanuntergrund finden sich inzwischen einige Sträucher. Nicht ganz mein Interessengebiet. Trotz allem faszinierend, wie sich hier etwas Lebendiges aufhält.
Wie zum Hohn sieht man den Mt. Ngauruhoe von hier im strahlenden Sonneschein. Nach sechs Stunden wandern, 1300 Höhenmetern und 16 Kilometern fehlt mir ein klein wenig die Energie um zurückzulaufen.
Der Rest der Wanderung is schnell erzählt. Mit einer Übernachtung sind noch 24 Kilometer und 800 Höhenmeter sowohl hoch als auch runter zu bewältigen. Die Strecke führt nahezu permanent durch eine ähnliche Landschaft. Lediglich im Umfeld der zweiten Hütte findet sich ein bisschen Wald und zwei kleine Flußläufe. Eine kleine Besonderheit ist noch zum Start des dritten Tages zu sehen bzw. nicht zu sehen. Als ich am Morgen gegen sechs Uhr starte, um den Tau von den Wiesen auflesen zu können, ist alles in dicke Nebelschwaden gehüllt. Durch die Sicht von teilweise lediglich 20 Metren wirkt alles ein bisschen, wie im schottischen Hochmoor. Ich befolge die Tips aus „American Werwolf“. Verlass niemals den Weg und hüte dich vor dem Mond. So komme ich sicher voran. Nach ca. einer Stunde setzt sich die Sonne durch und es herrscht wieder herrliche Sicht.
Vielleicht ist die Entäuschung nicht auf dem Mount Doom gewesen zu sein zu groß. Vielleicht ist die schöne Erfahrung, den Kepler Track bei perfektem Sonnenschein gelaufen zu sein zu schön. Wie auch immer, letztendlich hat mir die Wanderung auf der Südinsel besser gefallen. Ich erkläre den Mount Doom zu meinem persönlichen Mount Everest und werde mich bei meinem nächsten Neuseelandaufenthalt dem Ganzen erneut stellen.
Bleiben natürlich noch die Leute, die man auf der Strecke trifft. Karolina aus Hamburg war die Wanderin, die ich in der Ferne gesehen habe. Sie hat dummerweise den größten Teil ihres Essens vergessen. Sie bekommt von allen Mitwanderern etwas ab und hat somit die sicherlich abwechslungsreichste Ernährung aller. Christoph und Markus (ich bin mir bei dem Namen nicht mehr so sicher) kommen aus einem Dorf bei Nürnberg. Die beiden sind seit Kindergartentagen beste Kumpels und nehmen sich gerade nach Studium bzw. Ausbildung eine Auszeit.
Auch der Ranger der ersten Hütte ist ein echtes Original. Seine Schwester hat die Region einmal in ihrem Leben betreten. Bei einem Schulausflug 1975 hat sie den bisher letzten Ausbruch des Vulkans aus nächster Nähe erlebt. Er arbeitet jetzt seit Jahren hier und wartet bis heute neidisch auf eine Eruption. Er weiß uns allerdings anschaulich zu erklären, was im Fall eines Ausbruchs zu tun ist. Man soll auf keinen Fall vor den fliegenden Felsbrocken weglaufen, weil sie einen sowieso einholen. Vielmehr soll man der Gefahr ins Auge sehen. So kann man mit einem einfachen Schritt zur Seite dem Gestein ausweichen. Mit den Lavalawinen verhält es sich ähnlich der bekannten Schneelawinen. Man muss zur Seite wegrennen, da die Lawine meist schneller als ein Läufer ist. Sehr beruhigend, wenn man vorbereitet ist.

Redakteur

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05. März 2015, 09:17

Auckland 5

Die 250 Kilometer bis Auckland sind am nächsten Tag schnell gefahren. Gegen Mittag komme ich im altbekannten Hostel an. Die Wäsche wird gewaschen, die Ausrüstung durchgecheckt, ein bisschen Homepagepflege wird abgearbeitet und am Nachmittag fahre ich mit Thomas zum Stadion, um die Foo Fighters zu sehen.
Es ist alles ein wenig anders als bei unseren Konzerten. Der Getränkeverkauf befindet sich vor dem Gelände. Das heißt man muss für jedes Bier den Blick auf die Bühne aufgeben. Dazu kommt ein Labyrinth aus Absperrgittern vor der Theke. Man kommt sich vor wie die Ware auf dem Viehmarkt, wenn man seine Gerstenkaltschale erstehen will. Nach 25 Minuten komme ich endlich dazu, meine Bestellung aufzugeben. Voller Sorge, etwas vom Konzert zu verpassen, schalte ich auf den Hamstermodus um und bestelle gleich vier Bier in einem Träger. Mit den Erfrischungen begebe ich mich wieder vor die Bühne und warte auf die Hauptband.
Pünktlich mit dem Ende des letzten Bechers betreten die Jungs ohne großes Stargehabe die Bretter. Sofort steigt die Stimmung mächtig an. Die Foo Fighters haben ein besonderes Verhältnis zu Neuseeland und haben für die Erdbebenopfer von Christchurch einige Benefizveranstaltungen gespielt.
Dave Grohl ist eine unglaubliche Rampensau und grinst durchgängig. Der 30 Meter lange Laufsteg in die Mitte des Stadions wird fast bei jedem Song einmal im Sprint bewältigt. Zwischendurch erscheint mitten auf dem Laufsteg eine kleine sich drehende Bühne. Da werden mal eben vier Coversongs von alten Helden der Band gespielt. Let there be Rock, Tom Sawyer, Detroit Rock City und Under Pressure lassen das Herz eines Rock´n´Roll Kenners höher schlagen. Insbesondere bei Geddy Lee, David Bowie und Freddie Mercury sind die Originalstimmen ausgesprochen einzigartig. Sehr ordentlich, wie die Band das meistert. Natürlich sind Bon Scott, Paul Stanley und Gene Simmons auch nicht zu verachten. Nach ca. zweieinhalb Stunden erklärt Dave, dass es bei den Foo Fighters keine künstliche Stimmungsmache mit dem albernen Pausen und Zugabengeheuchle gibt. Die Jungs geben einfach über drei Stunden Vollgas und alles passt. Ich weiß gar nicht warum so ein Frontschwein bei Nirvana hinter dem Schlagzeug versteckt wurde. Das einzige winzige Manko ist, dass kein Song seiner alten Band zu hören ist. Ich befürchte, dass die Witwe von Kurt Cobain, Courtney Love, wie eine Glucke auf den Rechten sitzt.
Nach dem Konzert zieht es uns noch in einen Rockschuppen in Aucklands Innenstadt. In der unteren Etage stehen zwei junge Damen am Mischpult und feiern sich dafür, dass sie alte, ausgelutschte Standardwerke unmotiviert herunterleiern. Im zweiten Stockwerk wird es da schon besser. In einem kleineren Raum gibt sich der DJ Mühe und findet einen ehrlichen Mix aus Klassikern und neueren Songs. Nach einer Weile gibt sich eine dreiköpfige Band in dem wohnzimmergroßen Raum die Ehre. Die Jungs sind gut dabei und spielen einen zweistimmigen Metal in der Art von System of a down. Sehr ordentlich. Ich fühle mich genötigt, die Band persönlich zu loben.
Nach ein paar Absackern schlendere ich auf beiden Straßenseiten zurück zum Hostel. Der nächste Tag ist etwas schwierig und ich traue mich nicht aufs Motorrad. Also wird der Aufenthalt im Hostel verlängert und ich fahre einen Tag später weiter zum Tongario Nationalpark.


03. März 2015, 23:17

Northland

Am nächsten Tag mache ich mich mit frischer Energie auf den Weg zur nördlichsten Spitze der beiden Inseln. Das Cape Reinga bildet den Abschluss des Northlands. Die ca. 580 Kilometer werden von Auckland in zwei Etappen angepeilt. Nach ca. 300 Kilometern finde ich am Ende einer Halbinsel bei Whangaruru mal wieder einen der DOC Plätze. Mal wieder mit unbezahlbarer Lage am Meer. Mal wieder absolut unkompliziert. Mal wieder durch die etwas abgeschiedene Lage kaum besucht. Mal wieder bei herrlichem Wetter.
Der nächste Tag führt mich nach Ahipara, dem Einstieg zum 90 Mile Beach. Nicht zu erwähnen, dass mich die Einstellung am Navi, die kürzeste Strecke zu finden und keine Scheu vor unbefestigten Wegen zu haben wie am Vortag über herrliche Pisten leitet. Entlang der Küste schlängelt sich eine mal asphaltierte Straße, mal grobe Schotterpiste gen Norden. In der Gegend liegt das Wrack der Rainbow Warrior auf Grund. Das Greenpeace Schiff wurde Mitte der 80er Jahre kurzerhand vom französischen Geheimdienst versenkt. Eine geplante Protestaktion gegen ihre Atomversuche gefiel den Franzosen nicht. Jetzt kann man Tauchgänge zu dem traurigen Überrest einer verfehlten Atompolitik machen.
In der Touristeninfo von Kaitaia hole ich mir ein paar Hinweise zum Befahren der Strecke ein. Zum ca. 120 Kilometer entferneten Cape Reinga gibt es zwei Wege. Neben der normalen schönen Straße gibt es noch die Möglichkeit, mal eben ca. 100 Kilometer über den Strand zu fahren. Allerdings nur bei Ebbe. Dann wird der feste Sand vom Wasser freigegeben, der mit etwas Geschick ca. vier Stunden am Tag zu befahren ist. Am nächsten Tag besteht die Möglichkeit zwischen 13 und 17 Uhr. Auf den Karten lassen sich vier Ein- und Austiegspunkte erkennen. So kann ich, falls mir das ganze doch zu heikel erscheint den Strand verlassen. Ein Festfahren im weichen Sand würde nämlich schlicht und einfach bedeuten, dass man sich von seinem Fahrzeug verabschieden kann. Abschleppdienste weigern sich die Strecke zu befahren und irgendwann holt sich das Wasser mit der Flut den Strand zurück. Die ehemalige Piste wird dann Tag für Tag einfach wieder zum ca. zwei bis drei Meter tiefen Meer. Das tut keinem Fahrzeug wirklich gut. Im Reiseführer wird von vielen Autowracks berichtet, denen genau das wiederfahren ist und die jetzt stumm von den mangelnden Fahrkünsten ihrer ehemaligen Besitzer erzählen.
Mit etwas weichen Knien starte ich mit meinem gesamten Hab und Gut in das zweistündige Abenteuer. Die Auffahrt führt ca. zehn Meter durch weichen Sand. Danach hat man den festeren Boden der Strecke erreicht. Schon das kurze Stück ist nicht ganz ungefährlich. Schließlich ist der weiche Sand das, was man meiden soll. Ich finde die ca. 50 Zentimeter tiefe Spur eines Jeeps und hoffe, dass da der Sand festgefahren ist. Nach ein paar Metern ist das Hindernis bewältigt und die eigentliche Fahrt kann beginnen. Bei ca. 40 km/​h fühle ich mich wohl und alles erscheint kein Problem zu sein. Natürlich will ich Fotos machen. Beim Versuch, die Tiger auf den Seitenständer zu stellen, wird mir der trotzdem noch sehr weiche Boden schnell wieder ins Gedächtnis gerufen. Der Seitenständer bohrt sich wie durch Butter in den Boden und ich kann das kippende Gefährt gerade noch halten. Nach ein paar Kilometern steht ein Auto am Rand und ich kann einen der Fahrer bitten, ein paar Bilder für mich zu machen. Die Fahrt selber macht immer mehr Spaß und ich verliere nach und nach den Respekt vor dem unbekannten Terrain. Auch mit ca. 80 km/​h lässt sich der Strand herrlich bereisen.
Nach ca. 60 Kilometern kann ich das einzige festgefahrene Fahrzeug entdecken. Ein paar Asiaten waren wasserscheu und sind zu weit weg vom Meer im weichen Sand gefahren. Natürlich mit einem gemieteten Auto mit Heckantrieb. Im Vertag aller Mietfahrzeuge wird es ausdrücklich verboten, die Strecke zu fahren. Für mich persönlich kommt jetzt der Moment der persönlichen Rache für das Kichern über mein umgekipptes Motorrad in Dunedin. Ich tue es den Asiaten gleich und schieße ein paar Fotos von ihrem Unglück. Helfen könnte ich sowieso nicht, da ich nicht vom Motorrad absteigen kann, ohne selber das Gefährt in Schwierigkeiten zu bringen. Ich fahre weiter und mein ehemals getrübtes Verhältnis zu Asiaten kann wieder bei Normalnull beginnen. Vielleicht ist ja der Tagespresse zu entnehmen, wie es den Touristen ergangen ist.
Im weiteren Verlauf sind ein paar Flüsse zu queren. Hier ist noch einmal echte Vorsicht geboten. Das fließende Wasser hat zum Teil 30 bis 40 Zentimeter tiefe Kanten in den Sand gegraben. Nicht immer ganz einfach, die Tiger bei solchen Sprüngen zu bändigen.
Sehr spannend ist auch die Anzeige des Navis. Ich mache tatsächlich eine Fahrt ins Blaue. Da die Strecke ansonsten im Meer liegt, bewegt sich die Anzeige ständig auf blauem Untergrund. Und sucht verzweifelt nach einer Straße.
Nach ca. 100 Kilometern steht die Ausfahrt von dem Abenteuer an. Am Fuß einer riesigen Sanddüne führt ein ca. drei Kilometer langer Fluss zurück auf festen Boden. Zwar ist das Wasser hier nur 15 - 20 Zentimeter tief, das Flussbett besteht aber aus Sand. Wenn man stehen bleibt sackt man schnell ein. Wenn man zu viel Gas gibt gräbt sich das Hinterrad schnell im Boden fest. Der Blick auf die bis zu 30 Meter hohe Düne ist wahrscheinlich spektakulär. Ich kann nur auf den Weg achten und bin froh das letzte Teilstück schadlos überstanden zu haben.
Trotz der gelegentlichen Schweißausbrüche ein Riesenspaß.
Ca. zwei Kilometer entfernt von Cape Reinga finde ich selbstredend einen herrlichen DOC Campingplatz direkt an einer einsamen Bucht. Die Ecke gefällt mir so gut, dass ich beschließe, drei Tage einfach bei strahlendem Sonnenschein am Strand zu bleiben. Lediglich ein Ausflug zum Leuchtturm am Cape unterbricht den Müßiggang. Hier treffen die Tasmanische See und der Pazifik aufeinander. Man kann tatsächlich deutlich die beiden verschieden gefärbten Meere auseinanderhalten. Sie strömen gegeneinander und eine weiße Linien aus Wellen und Gischt markiert die Grenze. Für die Maori ist das ein heiliger Ort, an dem die Seelen der Verstorbenen ihre Reise in eine andere Welt antreten.
Auf dem Weg zurück nach Auckland steht ein weiterer heiliger Ort für die Maori auf dem Programm. Im Trunson Kauri Park stehen die mächtigen Kauribäume. Es ist nicht erlaubt, den Wald zu betreten. Ledigich an zwei Stellen führen Plankenwege zu einigen besonderen Bäumen. Zum einen ist der größte Kauribaum zu sehen. Mit 52 Metern Höhe und einem Umfang von 14 Metern eine echt imposante Erscheinung. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, das es einen größeren Baum gibt, dessen Standort aber von den Maori nicht verraten wird. An anderer Stelle sind die Four Sisters zu sehen. Vier Kauribäume sind aus einer Wurzel gewachsen und bilden ein mächtiges Quartett.
Auf dem dazugehörigen DOC Platz herrscht eine entspannte Stimmung. Ich lerne Thomas aus Hamburg kennen. Nach einem kurzen Abgleich unserer Lieblingskneipen in Hamburg ist schnell klar: die Chemie passt. Der Anker und die Cobra-Bar sind einfach unschlagbar. Er hat genau wie ich ein Ticket für das Foo Fighters Konzert am kommenden Tag in Auckland. Ein Neuseeländer, der mir vorher bei den Bäumen ein paarmal begegnet ist, lädt uns zum Muschelessen ein. Auf mein Nachfragen, ob er das Rezept für die Sosse mit Weißwein und Knoblauch kennt, beschwert er sich, dass seine Frau alles weggetrunken hat.
Da im angrenzenden Wald Kiwis leben, gehen wir in der Dunkelheit in den Wald und hoffen einen der scheuen Vögel zu sehen. Gregor und Veronika aus München begleiten uns dabei. Die Stirnlampen werden auf Rotlicht gestellt, weil die Tiere bei weißem Licht sofort flüchten. Wir verbringen insgesamt zwei Stunden im düsteren Wald. Zu hören sind die Laufvögel öfters. Zu sehen aber nie. Da bleibt doch nur der Zoo in Auckland am Schluss der Reise. Auf dem dunklen Rückweg aus dem Wald drängt es sich natürlich auf, von meinen Erfahrungen mit dem Film Blair Witch Project zu berichten. Das gefällt nicht allen in der Gruppe. Ich befürchte ich hab für die ein oder andere schlaflose Nacht gesorgt.

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